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Qriously: Meinung statt Werbung

START-UP-GESCHICHTEN
18.08.2010

Das in Wien ansässige Start-up Qriously sucht nach neuen Möglichkeiten, um mit kostenlosen Smartphone-Applikationen Geld zu verdienen. Statt Werbeeinschaltungen sollen Meinungsumfragen Einnahmen in die Kassen der App-Entwickler spülen. Noch befindet sich der Dienst in einer geschlossenen Testphase. Der offizielle Start ist für Anfang nächsten Jahres geplant.

"Die einzige Möglichkeit für Entwickler, mit kostenlosen Applikationen Geld zu verdienen, ist derzeit Werbung", sagt Christopher Kahler. "Unser Ansatz geht von der arroganten Annahme aus, dass es einen ganz neuen Weg gibt." Den wollen Kahler und sein Team mit dem von ihnen gegründeten Start-up Qriously beschreiten.

Statt Werbeeinschaltungen will das junge Unternehmen im Auftrag von Marktforschern und Unternehmen Meinungen von App-Nutzern abfragen und sie so zu Geld machen. "Wir glauben, dass die Meinungen der Nutzer etwas wert sind", so die Qriously-Gründer.

Abrahm Müller, Christopher Kahler (Bild Mitte) und Gerald Müller von Qriously

Ortsbezogene Meinungsumfragen in Echtzeit

"Unsere Auftraggeber können Millionen von Leuten nach ihrer Meinung fragen und bekommen die Antworten in Echtzeit und mit Informationen über den Standort der Befragten zurück", erläutert Kahler.

Ermöglicht wird das durch einen in Smartphone-Applikationen integrierten Code. Der ist bereits in rund 20 Applikationen implementiert, die Kahler und sein Team für das iPhone und Android-Geräte veröffentlicht haben und die bisher mehr als zwei Millionen Mal heruntergeladen wurden.

Test mit 20 Apps

Die Nutzerbasis dient dem Start-up gleichsam als Testmarkt. "Wir versuchen herauszufinden, auf welche Fragen unsere Nutzer antworten und welche Themen für sie interessant sind", erläutert Kahler.

In der Testphase arbeitet das Qriously-Team mit einem internationalen Marktforschungsunternehmen zusammen. Die Auftraggeber können Zeit und Ort der Fragen bestimmen. Wird eine Frage aktiviert, erscheint sie auf Smartphones, auf denen entsprechende Anwendung geöffnet sind, am unteren Bildschirmrand. Fühlen sich die Nutzer gestört, können Sie die Frage einfach wegklicken.

Auf Basis der Antworten erstellt Qriously Nutzerprofile, die wiederum bei der repräsentativen Auswahl der Befragten helfen sollen. "Die Profile werden anonymisiert und ermöglichen es uns, demografisch zielgerichtete Fragen stellen zu können", sagt Kahler.

Hohe Antwortraten

Erste Testergebnisse sind jedenfalls vielversprechend. Die Antwortquote beträgt laut Kahler zwischen fünf und 30 Prozent. Im Vergleich dazu klicke lediglich ein Prozent der App-Nutzer auf Werbeeinschaltungen, meint der Qriously-Gründer: "Die Nutzer mögen es, wenn sie aktiv einbezogen werden."

Vor allem Fragen nach Produktpräferenzen würden hohe Resonanz erzielen, erzählt Kahler. Ein großes Potenzial sieht er auch in ortsbezogenen Umfragen. In Zukunft werde kaum ein Unternehmen ohne Marktforschung auskommen: "Es ist auch für Bäckereien und Buchhandlungen wichtig zu wissen, was die Leute in der Nachbarschaft von ihren Dienstleistungen und Produkten halten."

Start Anfang 2011

Im ersten Quartal 2011 soll Qriously allgemein verfügbar sein und auch von anderen App-Entwicklern genutzt werden können.

Sie sollen einen Teil der Einnahmen aus den Umfragen erhalten. Abgerechnet wird nach der Anzahl der beantworteten Fragen. Entwickler können mit dem Dienst aber auch mit ihren Kunden in Kontakt treten und Reaktionen auf ihre eigenen Apps abfragen. "Das sind Informationen, die für Entwickler extrem wichtig sind", meint Kahler.

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Mobile Web-Apps geplant

Vorerst ist das Qriously-Software-Development-Kit (SDK) für Android- und iPhone-Applikationen verfügbar. Eine Erweiterung auf andere Betriebssysteme will das Qriously-Team nicht ausschließen. Attraktiver seien jedoch Browser-basierte Anwendungen im mobilen Web, meint Qriously-Entwickler Gerald Müller: "Wir wollen auch für mobile Webentwickler Applikationen anbieten."

Derzeit konzentriert sich das Start-up auf den Android-Markt. Dort seien Tests nicht so zeitaufwendig wie bei iPhone-Applikationen, bei denen man oft wochenlang auf die Freigabe durch Apple warten müsse, meint Müller.

IPhone-Nutzer würden jedoch häufiger auf Fragen antworten , so Müller und Kahler: "Wir haben eigentlich erwartet, dass Android-Nutzer für Experimente offener sind als iPhone-Besitzer."

Von den Gründern finanziert

Finanziert wird Qriously von den Gründern. Sie betreiben auch das Unternehmen Urbian, das neben Applikationen für iPhone und Android auch Beratungs- und Designdienstleistungen rund um mobile Anwendungen anbietet.

Das Kernteam von Qriously besteht derzeit aus Kahler, Müller und dem Entwickler Abraham Müller. Unterstützt werden sie von einem Anwalt und einem "Allrounder" in den USA.

Finanzierungsbedarf für Qriously sehen Kahler & Co. derzeit nicht. Die Situation für Start-ups in Österreich schätzen sie als eher trist ein. Hierzulande gebe es zwar viele Talente, aber wenig Auswahl an Kapitalgebern. Der Fokus liege häufig auf regionalen Ansätzen, auch die Risikobereitschaft sei eher gering. Global orientierte Start-ups würden daher eher im Ausland ihr Glück versuchen.

Serie:

Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Unternehmen mit Österreich-Bezug.

"Dinge verändern"

Ob sie auch externe Investoren mit an Bord nehmen, lassen sie bewusst offen: "Die Frage ist, ob wir einen Kapitalgeber finden, der genauso wie wir an das Produkt glaubt und an einem langfristigen Engagement interessiert ist."

Nach dem Testlauf will Qriously auch international durchstarten. An Selbstbewusstsein mangelt es den Gründern jedenfalls nicht. "Wir sind die Art von Persönlichkeiten, die versuchen, etwas Disruptives zu machen und Dinge zu verändern."

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(futurezone/Patrick Dax)