"Times"-Website verliert nach Bezahlpflicht
Marktforscher Comscore weist 40 Prozent Besucherschwund aus
Die Strategie, Internetnutzer zur Kasse zu bitten, hat die britische Zeitung "The Times" mindestens 40 Prozent ihrer Onlineleser gekostet. Statt noch im Mai knapp 2,8 Millionen Leser hätten im Juli nur noch 1,6 Millionen Nutzer auf die Website zugegriffen, ermittelte das Marktforschungsunternehmen ComScore nach übereinstimmenden Berichten des US-Onlinedienstes Huffington Post und anderer Medien.
Keine Angaben über zahlende Nutzer
Unklar blieb dabei aber, wie viele "Abpraller" dabei waren, also Internetznutzer, die die gemeinsame Seite von "Times" und "Sunday Times" zwar anklickten, dann aber sich nicht registrierten und abgewiesen wurden. Unter anderem deshalb wird eine Aussage über tatsächlich zahlende Nutzer erschwert. Von dem Medienunternehmen News Corp von Rupert Murdoch, dem die "Times" gehört, gibt es dazu bisher keine Angaben.
ComScore schätzt der "Huffington Post" zufolge auch, dass die Zeit, die Leser auf der Seite verbringen, sich seit Mai nahezu halbiert hat. Auch die Zahl der Seitenaufrufe (Pageviews) soll von 29 Millionen im Mai auf neun Millionen im Juli gesunken sein.
Seit Juli kostenpflichtig
Murdoch hatte entschieden, ab Mitte Juni keine Nutzer mehr unregistriert an die Nachrichtenhalte ihres Londoner Flaggschiffs zu lassen. Seit Juli ist der Zutritt kostenpflichtig. Die Gebühr liegt bei zunächst einem Pfund (1,22 Euro) im Monat und später einem Pfund pro Tag und zwei Pfund pro Woche.
Der Rückgang kam nicht unerwartet. Im Mai hatten "Times"- Mitarbeiter öffentlich erklärt, es werde mit einem Wegbrechen von bis zu 90 Prozent der Onlineleser gerechnet. Es gehe darum, profitabel zu werden, nicht darum, möglichst viele Leser zu haben.
Vorreiter in Sachen Bezahlinhalte
Das "Paywall"-Modell der "Times" wird in der internationalen Medienszene mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. News Corp., das in Großbritannien auch die Boulevardblätter "The Sun" und "News of the World" verlegt, hatte sich als Vorreiter in Sachen Bezahlinhalte im Internet präsentiert und die Wettbewerber aufgefordert, ihre Inhalte ebenfalls nicht mehr kostenlos auf den Markt zu werfen.
(dpa)