Onlinedienst hilft beim Fotoalbum-Scannen
Wenn man die Digitalisierung von alten Fotoalben selbst in Angriff nimmt, bringt das langwierige und monotone Arbeit mit sich. Zwei österreichische Medientechniker schaffen derzeit einen neuen Onlinedienst, der diesen Prozess beschleunigen soll und mit dem sich die Fotosammlung auch kollaborativ beschlagworten und bearbeiten lässt.
"Es ist eine sehr mühsame Erfahrung, wenn man 400 Bilder händisch einscannen und bearbeiten muss. Das ist eine sehr komplexe Aufgabe, für die der Mensch schlecht geschaffen ist", erklärt Projektinitiator Franz Buchinger, der vor knapp einem Jahr von seiner Familie eine Kiste mit Fotoabzügen bekommen hat, die er vor deren endgültigen Vergilbung noch rasch digitalisieren sollte. Denn analoge Fotos können bei nicht fachgerechter Lagerung schnell verblassen, so Buchinger.
Aus der eigenen Not heraus, um den damit verbundenen Aufwand rascher bewerkstelligen zu können, entwickelte Buchinger zusammen mit seinem ehemaligen FH-Kollegen Thomas Kraetschmer in seiner Freizeit eine webbasierte Lösung, die dazu beitragen soll, den aufwändigen Prozess des Scannens und der Verschlagwortung zu vereinfachen. Die Idee zu scan.tag.is war geboren. Der Dienst befindet sich derzeit noch in Entwicklung und ist noch nicht öffentlich verfügbar.
Thomas Kraetschmer (l.) und Franz Buchinger (r.) sind Absolventen der FH St. Pölten für Telekommunikation und Medien im Studiengang Medientechnik. Buchinger ist als Frontend-Entwickler bei einem internationalen Geodienst-Anbieter tätig, Kraetschmer arbeitet als selbstständiger Grafiker.
Zeitintensiver Arbeitsprozess
Mit dem geplanten Onlinedienst sollen Nutzer beim Scannen größerer Bildmengen zu Hause unterstützt werden. "Die Zeitersparnis gegenüber konventionellen Scanmethoden beträgt bis zu 66 Prozent", so Kraetschmer. Was der User dazu selbst braucht, sind ein PC, ein handelsüblicher Flachbrettscanner und ein Drucker.
Beim Scannen von Fotoalben geht es darum, die Bilder rasch einzulegen, zu benennen, richtig abzuspeichern und im Anschluss zu beschriften und dem korrekten Album zuzuordnen. Wenn man jedes Bild ordentlich in den Scanner legen, einzeln bearbeiten und im Anschluss beschriften muss, vergeht dabei allerdings viel Zeit.
Bei der Methode von scan.tag.is investiert man zwar etwas mehr Zeit in die Vorbereitung, kann hinterher dann aber viel schneller arbeiten, da etwa keine Voransicht der Bilder erstellt werden muss, oder nicht darauf geachtet werden muss, ob man die Bilder exakt rechtwinklig oder etwa schief in den Scanner eingelegt hat.
Nach dem Einloggen legt man als Nutzer direkt im Onlinedienst zuerst ein neues virtuelles Album an, das mit Titel, Beschreibung und Schlagwörtern (Tags) versehen werden kann. Zudem kann auch der Ort der Aufnahme auf einer Karte hinzugefügt werden (Geotagging).
Vorbereitungen für den Scanvorgang
Im Anschluss erstellt der Nutzer einen Scantag, den er ausdrucken muss. Der Scantag wird vom Onlinedienst automatisch für jedes Album generiert und beinhaltet den Albumtitel sowie einem zum Album gehörigen DataMatrix-Code - einen zweidimensionalen Strichcode, der den in der Werbung mittlerweile gebräuchlichen QR-Codes für Mobilgeräte ähnelt.
"Der DataMatrix-Code ermöglicht es dem Onlinedienst, die Zugehörigkeit der Bilder zu einem bestimmten Album festzustellen", erklärt Buchinger. Dieser ausgedruckte DIN-A4-Zettel mit dem DataMatrix-Code wird anschließend als Hintergrund zusammen mit den Fotos, die zum selben Album gehören wie der Code, in den Scanner eingelegt.
Danach kann mit dem eigentlichen Scanprozess begonnen werden. Dabei ist es allerdings nicht notwendig, ein Vorschaubild zu generieren, weil der anschließende Prozess, Bilder einzeln zuzuordnen und abzuspeichern, entfällt.
Beim Scannen wird einfach die mitgelieferte Scanner-Software verwendet, nicht der Onlinedienst. Dabei sollte der Nutzer nach Möglichkeit einstellen, dass mit 300 dpi Auflösung gescannt werden und die Bilder als hochauflösende JPGEs gespeichert werden sollen.
"JPEG ist für uns ein guter Kompromiss"
Erst im Anschluss an den Scanprozess greift man wieder auf den Onlinedienst zu. Der Nutzer lädt die Bildersammlungen samt Scantag im Hintergrund als JPEGs via Webbrowser in den scan.tag.is-Dienst hoch. "JPEG ist für uns ein guter Kompromiss. Natürlich wissen wir, dass das Format verlustbehaftet ist, aber wir wollen auch, dass die Verarbeitung am Server entsprechend schnell geht", erklärt Kraetschmer.
Während des Upload-Prozesses werden die Bilder aus der A4-Seite vom System automatisch ausgeschnitten, richtig erkannt und anhand des im Scanvorgang beigelegten DataMatrix-Codes dem korrekten Album zugeordnet. Durch das Tagging-System und den Albumnamen lassen sich daher auch Bilder im System finden, die beispielsweise nur mit einer losen Zahlenfolge als Dateinamen versehen sind.
Durch einen im Dienst per Programmierschnittstelle integrierten Onlinefotoeditor wie beispielsweise Pixlr lassen sich hochgeladenen Bilder dann direkt im Browser bearbeiten. Kleinere Änderungen, wie etwa ein Bild zu drehen, sind auch direkt im scan.tag.is-System möglich.
"Tagging ist das Ablagesystem der Zukunft"
"Je früher ich online gehe, desto eher kann ich andere Leute in den Arbeitsprozess einbinden, die mir Arbeit abnehmen. Weitere Personen können die Bilder direkt im Fotoeditor bearbeiten, während ich noch mehr Bilder einscanne", beschreibt Buchinger einen effektiven Arbeitsablauf beim Digitalisieren von größeren Bildmengen.
Während das Tagging-System und die Benutzeroberfläche für Scan.tag.is bereits weitgehend ausgereift sind, wird an der automatischen Bildverarbeitung noch gearbeitet. "Das aufwändigste dabei ist, sicherzustellen, dass der Datamatrix-Code richtig erkannt wird, aber auch beim Geradestellen von Bildern laufen schwierige Prozesse im Hintergrund ab", so Buchinger.
Kraetschmer sieht allerdings auch im Foto-Tagging ein zentrales Element des Dienstes. Das hat auch bereits beim Vorgängerprojekt picurl, bei dem es darum ging, Fotosammlungen zusammenzuführen, eine große Rolle gespielt.
"Tagging ist für mich das Ablagesystem für die Zukunft. Ich glaube, wir müssen immer mehr davon wegkommen, in reinen Ordnern und eindimensional zu denken und uns auch darauf einlassen, dass eine Datei mehrere Bezüge hat." Die im Onlinedienst vergebenen Tags werden zudem auch beim Upload auf Fotosharing-Services wie Flickr übernommen.
Betaphase startet Ende des Jahres
Bis Ende des Jahres will das Freizeitprojekt die Bildverarbeitung soweit im Griff haben, dass der Onlinedienst einer geschlossenen Nutzergruppe zugänglich gemacht werden kann. Dann wollen die Programmierer sehen, wie sich Traffic und Auslastung entwickeln. Erst im Anschluss wollen die beiden Wiener Medientechniker über den konkreten Einsatz von Cloud-basierten Webservices nachdenken.
Buchinger ist zudem überzeugt davon, dass in den nächsten Jahren immer mehr Menschen mit der Digitalisierung von analogen Fotos konfrontiert werden. Einerseits entdecken wieder mehr Hobbyfotografen die analoge Fotografie und schwärmen von der Unbeeinflussbarkeit und Zufälligkeit des analogen Bildes. Trotzdem wollen auch diese Personen ihre Fotos im Internet zeigen. Andererseits schreitet der Verfall von alten, analogen Bildern, die bereits Jahrzehnte überstanden haben, weiter voran und Generationen, die noch Kenntnisse über die auf analogen Fotos abgelichteten Personen besitzen, verschwinden langsam.
Licht, Temperatur und Luftfeuchtigkeit
"Die Haltbarkeit von Fotos lässt sich schwer definieren, aber die Hauptfaktoren dafür sind Licht, Temperatur und die Luftfeuchtigkeit. Bilder, die ohne schützendes UV-beständiges Glas an einer Wand hängen, werden relativ rasch vergilben. Am sichersten sind Bilder in einem lichtgeschützten Album, das weder im Keller noch am Dachboden gelagert wird", erklärt Buchinger.
Gerade bei Fotos aus den 1970er und 1980er Jahren zeigen sich bei den Bildern erste Anzeichen von Verfallserscheinungen. Sei es ein leichter Schimmelansatz oder ein Farbstich. Dieser muss allerdings nicht immer von schlechter Lagerung kommen, sondern hier kann auch das Papier dafür verantwortlich sein. "Von Agfa gab es das Typ-4-Papier, bei dem die Cyan-Schicht innerhalb von sechs Jahren verfällt", so Buchinger.
Scan.tag.is möchte sich, langfristig betrachtet, auch dieses Problems annehmen. Es soll zum Beispiel möglich werden, dass diese fehlende Farbschicht im Rahmen des Transfers auf den Onlinedienst automatisch ausgeglichen werden kann. "Das ist allerdings noch Zukunftsmusik", fügt Kraetschmer hinzu.
(futurezone/Barbara Wimmer)