Datenskandal bei deutschen EC-Karten
Die Daten nahezu aller Inhaber deutscher Bankomatkarten werden offenbar in großem Umfang ohne Rechtsgrundlage dauerhaft gespeichert. Nach Recherchen des Hörfunksenders NDR Info hat der größte deutsche Dienstleister für Kartenzahlungen einen umfangreichen Datenpool angelegt, um damit Aussagen über die Zahlungsfähigkeit der Kartenbesitzer treffen zu können (Scoring). Bankomatkunden in Österreich sind nicht betroffen.
Die Easycash GmbH in Ratingen, Marktführer bei der Verarbeitung von EC-Zahlungen, speichert demnach Umsatz- und Kartendaten von bis zu 50 Millionen deutscher Bankverbindungen.
In verarbeiteter Form werden diese Daten von Easycash selbst und bei mehreren seiner Vertragsunternehmen genutzt. Einzig die REWE Group mit ihren Tochterunternehmen REWE, Penny, Toom und Promarkt erklärte, dass sie inzwischen auf die Nutzung solcher Kartendaten von Easycash verzichte. Ein REWE-Sprecher begründete das mit "zahlreichen ungeklärten Fragen". REWE ist in Österreich unter anderem mit den Marken Billa, Bipa, Merkur und Penny vertreten.
Lastschriftverfahren günstiger als PIN-Zahlung
Den Easycash-Vertragsbedingungen zufolge werden bei jeder Zahlung mit EC-Karte und Unterschrift - also im sogenannten Lastschriftverfahren - Betrag, Zeitpunkt und Ort der Zahlung in Kombination mit den Karten- und Kontodaten des Karteninhabers gespeichert.
Das Lastschriftverfahren ist zwar für die Händler deutlich kostengünstiger als das Bezahlen mit EC-Karten und Geheimnummer - zugleich aber auch risikoreicher, da die Geschäfte von den Banken kein Geld erhalten, wenn das Konto nicht gedeckt ist.
Empfehlungen zur Kreditwürdigkeit
Um dieses Risiko zu verringern, stelle Easycash den Unternehmen eine Prognose im Hinblick auf die Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit der Kunden zur Verfügung, berichtete der NDR.
Eine Easycash-Sprecherin sagte dem Sender, die Datenspeicherung und -verarbeitung geschehe auf Grundlage des deutschen Bundesdatenschutzgesetzes und berief sich dabei auf einen Brief des NRW-Landesdatenschutzes aus dem Jahr 2002, der das angeblich bestätige. Aus Kreisen von Landesdatenschützern heißt es jedoch, Easycash interpretiere dieses Schreiben nicht richtig.
Easycash erklärte dazu, die Interpretationen gingen "länderspezifisch etwas auseinander". Man habe mit anderen Zahlungsabwicklern einen Arbeitskreis gebildet, um zu einer deutschlandweiten Regelung zu kommen.
Die Sachlage in Österreich
In Österreich werden Bankomatgeschäfte direkt über die Bank - ohne datenverarbeitende Drittfirma - abgewickelt, da es in Österreich ein anderes Verfahren gibt als in Deutschland. Es wird nicht das Lastschriftverfahren angewandt, sondern es finden PIN-basierte Echtzeittransaktionen statt, das bedeutet das Konto wird sofort belastet.
"Das Maestro-Kundenverhältnis besteht direkt mit der jeweiligen Hausbank des Karteninhabers", so Paylife-Sprecherin Sigrid Scherzer gegenüber ORF.at.
"Für die Transaktionen am Bankomaten sind im System nur die Kartennummer und die Bankleitzahl notwendig. Damit kann die Transaktion dann richtig zur Bank und dort zum Karteninhaber zugeordnet werden. Keine weiteren Daten sind dafür nötig oder werden gespeichert. Dieses System funktioniert weltweit an mehr als einer Million Geldausgabeautomaten. In Österreich sind dafür PayLife und die österreichischen Banken zuständig," erklärt Scherzer.
Datenverknüpfung nur bei Kundenkarten
"Wird die Maestro Bankomatkarte beim Händler eingesetzt, erhält dieser nur codierte Informationen, die es ihm nicht möglich machen, das dahinter liegende Konto oder die Bank festzustellen. Eine Verknüpfung von Kartendaten ist dort nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Kunden, z.B. zu einem Stammkundenprogramm, möglich. Zu diesen Informationen hat aber wiederum sonst niemand Zugang (weder die Bank noch sonst wer)," so Scherzer weiter.
Man wickle alle Dienste ausschließlich im vom Gesetzgeber gesteckten Rahmen laut Datenschutzgesetz, Bankgeheimnis, E-Commerce-Gesetz, Konsumentenschutzgesetz und Telekommunikations-Gesetz ab, so die Paylife-Sprecherin. Insgesamt sind in Österreich 7,8 Millionen Maestro-Bankomatkarten am Markt.
(futurezone/APA/dapd)