17.11.2003

AUFWENDIG

Software flickt zerrissene Stasi-Akten

Zerrissene Stasi-Dokumente könnten künftig mit einer neuen Puzzle-Software am Computer rekonstruiert werden.

Es sei möglich, jährlich rund 100 Millionen Schnipsel zu erfassen und zu ordnen, sagte Günter Bormann von der Stasi-Unterlagenbehörde am Montag bei der Vorstellung des Verfahrens in Berlin.

Nach der Wende hatte die Stasi massenhaft Geheimakten vernichtet. Manuell würde es 400 Jahre dauern, diesen Teil der Hinterlassenschaft des DDR-Geheimdienstes wieder herzustellen. Unklar ist noch, wann und ob der Bundestag das Projekt bewilligt.

Schnipsel werden eingescannt

Das Projekt wurde im Auftrag der Behörde gemeinsam vom Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik [IPK] und der Lufthansa Systems Group entwickelt.

Für die Rekonstruktion per Computer werden mehrere Schnipsel auf einmal in eine Folie eingeschweißt, dann einzeln beidseitig gescannt und als Farbbild gespeichert.

Dabei würden "beschreibbare Merkmale" wie Papierfarbe, Kontur und Maschinen- oder Handschrift erfasst, so das IPK. Die Daten werden dann in einer Datenbank erfasst und die Merkmale können verglichen werden.

Stasi ließ 16.000 Säcke liegen

Der Stasi war es nicht gelungen, die Schnipselberge noch beiseite zu schaffen. Die Teile lagern in rund 16.000 Säcken im bayerischen Zirndorf. Dort setzen weniger als 15 Mitarbeiter die Teile aufwendig per Hand zusammen. Der Inhalt von 250 Säcken wurde bereits erfasst.

40.000 DVDs Datenmaterial

Die Erkennungssoftware sortiert anschließend zunächst nach Ähnlichkeit. In einem zweiten Schritt folge die eigentliche "gigantische Puzzle-Arbeit". Anhand der Konturen und anderen Merkmalen werde Schnipsel für Schnipsel wieder zu einer Aktenseite zusammengefügt, so das IPK weiter.

Das Ergebnis werde rund 40.000 DVDs umfassen, erklärte der Geschäftsführer von Lufthansa Systems, Gunter Küchler. Seine Firma würde die Scan-Arbeit übernehmen und dafür "eine eigene Scan-Strecke bauen.

Damit würde die Aufarbeitung der Stasi-Strukturen wesentlich vorankommen, betonte Bormann. Auch strafrechtlich relevante Fälle könnten noch in den zerrissenen Papieren schlummern.