Flugdatenaffäre spitzt sich zu
Die "Flugdatenaffäre", bei der die USA gegen geltendes EU-Recht den Zugriff auf Passagierdaten [Passenger Name Records PNR] europäischer Fluglinien fordern und teils auch schon erhalten, geht in eine neue, heiße Phase.
Sowohl die USA als auch die EU-Kommission brauchen noch in diesem Jahr eine Einigung, weil die Affäre sonst zum offenen Konflikt eskalieren könnte. Die EU-Kommisssion steht dabei sowohl von Seiten des eigenen Parlaments als auch von den USA unter Druck.
Die USA hatten nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein Luftfahrt-Sicherheitsgesetz verabschiedet, das die USA anfliegende Fluggesellschaften zur elektronischen Weitergabe ihrer Fluggastdaten verpflichtet. Das EU-Datenschutzrecht erlaubt die Weitergabe solcher Daten an Drittstaaten aber nur, wenn das Land einen angemessenen Schutz persönlicher Daten nachweisen kann.
Im EU-Ministerrat [Innen und Justiz] wird ab Donnerstag erneut über Zoll-Zusammenarbeit beraten - dazu gehören die offenen Fragen um Flugdaten, Pässe und damit Biometrie und Funkchips.
Flugdatenaffäre wird zum KrimiAnnäherung
Der US-Botschafter bei der EU, Rockwell Schnabel, erklärte jetzt, dass sein Land hoffe, noch im Dezember eine Einigung zu erzielen.
Die USA hätten den Stellenwert des Datenschutzes in der EU inzwischen erkannt und die Forderungen dementsprechend reduziert: Demnach sollen einige besonders kritisierte Daten wie die Menüwahl nicht mehr angefordert werden und auch die gewünschte Speicherzeit soll schon reduziert worden sein.
Aus EU-Kreisen verlautete jetzt allerdings, dass dem für die Verhandlungen zuständigen Kommissar Frits Bolkestein die aktuellen US-Zugeständnisse noch nicht reichen.
Andererseits betonte Schnabel, dass die USA nach dem 11. September "ein klares Bild von den Einreisenden" erhalten wollten.
EU-Parlament fährt harten KursUltimatum läuft ab
Die Verhandlungen stehen vor allem wegen der klaren Haltung des EU-Parlaments, das keine Aufweichung der geltenden Datenschutzbestimmungen dulden will, unter Druck:
Das Parlament verabschiedete Anfang Oktober einem Entschließungsantrag, der die EU-Kommission verpflichtet, die Verhandlungen mit den US-Behörden über die Weitergabe von Passagierdaten binnen zwei Monaten abzuschließen.
Sollte die Kommission bis dahin zu keinem Ergebnis gekommen sein, das der EU-Datenschutzrichtlinie entspricht, dann muss laut Auftrag des Parlaments die Weitergabe der Daten komplett eingestellt werden.
Ohrfeige für die EU-KommissionUSA als Vorbild
Unterdessen hegen einige EU-Staaten aber auch eigene Pläne zur Erfassung von Flugpassagierdaten:
Die Innenminister der fünf größten EU-Länder suchen in einer "Pioniergruppe" verstärkt gemeinsame Wege gegen den internationalen Terrorismus und die illegale Einwanderung.
Diskutiert wird dabei auch über den spanischen Vorschlag, die Fluggesellschaften zu verpflichten, alle Daten über ihre Passagiere mitzuteilen.
So könnten diejenigen rascher ausfindig gemacht werden, die sich trotz eines abgelaufenen Touristenvisums noch in einem Land aufhielten.
EU-Pläne zur Flugdatenspeicherung