Internet führt Kosovo-Flüchtlinge zusammen
Das Internet wird zum Krisenhelfer im KosovoKonflikt. Hunderttausende KosovoFlüchtlinge haben im Krieg ihre Habe verloren. Die Familien sind in ganz Europa verstreut, oft fehlt von Angehörigen jede Spur.
Jetzt sollen auch via Internet die Kriegsflüchtlinge auf dem Balkan zusammengeführt werden. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) in Genf und Firmen der Computerbranche haben dazu Websites mit den Namen und Aufenthaltsorten von Kosovo-Albanern aufgebaut.
Suchdienst
Das IKRK setzt zum ersten Mal das Internet ein, um die Verbindung
zwischen verloren geglaubten Familienmitgliedern wiederherzustellen.
Über die Website
sind Listen mit Namen der Flüchtlinge abrufbar. Wer kein Lebenszeichen von einem vermißten Verwandten hat, kann auch selbst eine Suchmeldung eintragen. Rund 6.300 Personen sind nach ICRC-Angaben auf der Website registriert.
Die Suche nach Angehörigen über das Rote Kreuz hat lange Tradition. Schon nach dem zweiten Weltkrieg hat die Organisation Familien zusammengeführt. Während der Krise im früheren Jugoslawien hat das IKRK in den Jahren 1991 bis 1995 mehr als 14 Millionen Nachrichten von Angehörigen ausgetauscht.
90.000 Flüchtlinge registriert
In der Datenbank des Berliner Computerdienstleisters net.tenders.com sind rund 90.000 Flüchtlinge registriert. Unternehmensgründer Ulrich Schumann: "Die Daten kommen vor allem von Hilfsorganisationen."
Neben der Suche nach Personen werde auch eine Datenbank für Hilfsgüter eingerichtet, sagt Schumann. "Wer Wasserpumpen oder Zelte braucht, kann das im Internet bekannt machen."
7.000 Anfragen pro Tag
Auf der FlüchtlingsDatenbank
hat es in Spitzenzeiten rund 7.000 Anfragen pro Tag gegeben.
Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in München ist seit Beginn des Krieges in Jugoslawien rund um die Uhr mit Suchanträgen beschäftigt. Rund 80.000 seien inzwischen zusammen gekommen. "Die Hauptarbeit wird noch mit Papier gemacht", sagt Abteilungsleiter Heinrich Rehberg. Allerdings würde jeden Morgen gleich nach Dienstbeginn das Internet nach Angaben zu vermißten Flüchtlingen durchforstet.
Rehberg: "Auf dem Balkan hat das weltweite Netz noch nicht die Popularität erreicht wie in westeuropäischen Ländern. Die Nutzung des Internets ist noch nicht sehr weit verbreitet, und vor allem viele der
Frauen sind Analphabeten."
Neue IKRK-Stationen mit Computern
Für einen leichterten Zugang zum Internet will das IKRK vor allem in der südserbischen Provinz Kosovo sechs neue Stationen mit Computern eröffnen. "Bisher können Flüchtlinge in den IKRK-Büros in Mazedonien und Albanien versuchen, Angehörige im Netz aufzuspüren", sagt Jürg Frei, Chef des Suchdienstes.
Viele Menschen in der Krisenregion nutzen aber nach wie vor die herkömmlichen Wege des Informationsaustausches. IKRK-Mitarbeiter sind mit einem Shuttle-Bus unterwegs und nehmen Suchanfragen entgegen.