29.04.2000

LECKERBISSEN

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Dot Coms auf der Einkaufsliste

Analysten zufolge werden die Börsenturbulenzen der vergangenen Wochen zu einer Konsolidierung des Internet-Marktes führen. Übernahmen, vor allem kleinerer hochtechnologisierter Firmen stehen auf der Tagesordnung. Kaufinteressenten sind neben diversen Online-Riesen wie Yahoo oder AOL auch traditionelle Handelshäuser.

90 Prozent der börsenotierten Internet-Unternehmen mussten zuletzt schwere Rückschläge hinnehmen. America Online hat seit seinem letzten 52-Monats-Hoch 36 Prozent verloren, eBay 42 Prozent und Yahoo sogar 50 Prozent. Wirklich drastisch war der Absturz aber für viele kleinere Online-Unternehmen, die jetzt zu einem echten Leckerbissen werden.

"Die Konsolidierung ist eine vorprogrammierte Entwicklung am Internet-Sektor", sagt Jordan Rohan, Internet-Analyst bei Wit Capital. "Große Unternehmen werden kleinere schlucken. Vor allem auch traditionelle Handelsfirmen, die bis dato nicht so aktiv im Internet waren, werden sich für Online-Händler interessieren, von denen sie das nötige technische Wissen und Internet-Know-how bekommen können."

Besonders im Online-Retailing schmälert der scharfe Wettbewerb die Gewinnspannen zunehmend, verdient werden kann nur mehr über die Masse. "Der Druck auf die Gewinnmargen führt sicherlich zu Fusionen und Übernahmen", erläutert auch Merger-&-Acquisition-Expertin Alexandra Reed Lajoux.

"Vor allem kleine Unternehmen, deren Börsenkurse unter den letzten Turbulenzen sehr gelitten haben, sollten jetzt zu einem angemessenen Preis verkaufen. Ich fürchte allerdings, dass die CEOs dieser Unternehmen das noch nicht wollen und erst weitere Verluste werden einstecken müssen, bevor sie erkennen, dass sie nicht zu Traumpreisen übernommen werden können."

Neben Internet-Händlern zählen auch Online-Broker zu den begehrtesten Kaufobjekten. Bei der Übernahme von Online-Unternehmen wird es vor allem auf technische Infrastruktur, spezielles Internet-Wissen und den Kundenstock ankommen. Die Marke, die in den meisten Fällen noch relativ jung ist, wird da weniger zählen.

Yahoo hat schon angekündigt, weitere Übernahmen durchzuführen. "Wir sitzen derzeit auf einer Milliarde USD Cash", sagt Yahoo-CEO Timothy Koogle. "In erster Linie sind wir an kleineren Unternehmen mit einer starken Technologie interessiert."

Schon in den vergangenen Jahren hat Yahoo hauptsächlich kleinere Deals abgewickelt - mit einigen Aufsehen erregenden Ausnahmen wie der Übernahme von Broadcast.com und Geocities.

"Das Yahoo-Management hat schon mehrmals bewiesen, dass es auch bereit ist, in Märkte zu investieren, in denen eine Marktführerschaft kaum mehr möglich ist. Insofern würde es mich nicht wundern, wenn Yahoo noch immer an einer eBay-Übernahme interessiert wäre", sagt Wit-Capital-Analyst Rohan.