19.07.1999

FILM & PIRATERIE

Bildquelle: Star Wars

Hollywood im digitalen Zeitalter

Die Zukunft des Films ist digital. Schon heute sind Computer aus der Produktion nicht mehr wegzudenken, und morgen sollen sie auch die Reproduktion übernehmen. Für die Filmindustrie ist die DigitalTechnologie Chance und Bedrohung gleichermassen.

Die Motion Picture Association, der Verband der amerikanischen Filmwirtschaft, sieht das Internet zunehmend als Gefahr für Verleihfirmen und als Problem für das Copyright. Nach der Weltpremiere in den USA am 19. Mai haben Kinobesucher den Star WarsFilm "Die dunkle Bedrohung" mit digitalen Kameras von der Leinwand abgefilmt und über das Internet verbreitet. Der Anwalt von Regisseur George Lucas heuerte daraufhin die Firma "Cyveilance" an, eine Art Internetpolizei, die bereits über 300 Seiten mit Raubkopien stillgelegt hat.

Derzeit noch sehr langsam

Für die Verbreitung langer Spielfilme eignet sich das Internet derzeit allerdings noch nicht wirklich. Der Empfang von solch großen Datenmengen kann mehrere Stunden oder sogar Tage dauern. Dennoch sind Filme wie "The Matrix", "Saving Private Ryan", "Antz" und "Shakespeare in Love" schon längst in raubkopierter Form übers Internet erhältlich. Die Filme können auf öffentlichen WebForen, wie sie auch America Online anbietet, gefunden werden.

Zukunft des Films

Das digitale Zeitalter eröffnet aber nicht nur für Filmpiraten, sondern auch für die Filmindustrie ganz neue Dimensionen. Experten der Filmindustrie rechnen damit, daß Computer-Festplatten in fünf bis zehn Jahren die traditionellen Filmrollen ersetzen werden. Noch ist das digitale Abspielverfahren nicht voll ausgereift: Die Leinwandgröße ist beschränkt, und die Kosten sind noch nicht konkurrenzfähig. Die Hersteller der digitalen Projektoren, CineComm und Texas Instruments, gehen aber davon aus, die Preise für die Abspielgeräte, die zur Zeit noch 250.000 Dollar betragen, schon bald senken zu können.

Billigerer Vertrieb

Sind die Kinos mit der neuen Technologie ausgerüstet, wird der Vertrieb von Filmen wesentlich billiger. Bisher müssen von jedem Film Kopien erstellt werden, die etwa 2.000 Dollar pro Stück kosten. Entwickelt sich ein prognostizierter Kassenschlager zum Flopp bleiben die Verleihfirmen auf ihren Filmrollen sitzen.

Mit Hilfe digitaler Technik können Filme via Satellit in die Lichtspielhäuser gesendet werden. Spätestens dann dürften auch die traditionellen 35-Millimeter-Kameras von den Produktions-Sets verschwinden.

DigitalTechnologie im Kommen

"Wir befinden uns an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter, dem digitalen Zeitalter", sagt Regisseur George Lucas. Seinen neuen "Star Wars"-Film "Die dunkle Bedrohung" hat Lucas Anfang Juli in einem Kino in Los Angeles digital vorführen lassen. Die Filmbilder wurden digitalisiert und in einem Rechner gespeichert. Vor dort aus wurde der Film mit Hilfe eines Spezialprojektors auf die Leinwand übertragen.

Steven Spielberg liess 1994 für "Jurassic Park" seine Dinosaurier am Computer herstellen: Auf die Modelle der Urzeitviecher wurde ein Gitternetz gezeichnet, das dann in einen Computer einscannt wurde. Das Bild wurde mit Hilfe einer Spezialsoftware bewegt und mit anderem Filmmaterial gemischt, so daß die virtuellen Monster reale Schauspieler angreifen konnten.

Ende des Hollywood Monopols

Unabhängige Filmemacher sehen in der neuen Technologie eine Chance, Hollywoods monopolistische Macht zu durchbrechen. Anfang des Jahres produzierte das Zwei-Mann-Unternehmen "Swankytown" auf zwei Macintosh Computern den fünfminütigen Kurzfilm "New Testament" für 1.700 Dollar: Sie liessen Jesus aus dem Gemälde "Das letzte Abendmahl" treten und Wasser in Wein verwandeln. Für die Spezialeffekte benutzten Philip Pelletier und Verne Lindner Software, wie sie jedermann im Geschäft kaufen kann.