22.07.1999

JAHR 2000 GLOBAL

Bildquelle: Photodisc

Angst vor der Milleniums-Angst

"Wir haben nichts zu fürchten, ausser unsere eigene Angst", dieses bekannte Franklin D. Roosevelt-Zitat lässt sich auch auf die Y2K-Problematik anwenden. Das ist die Conclusio des internationalen Investmenthauses Merrill Lynch nach Auswertung ihrer zweiten Y2K-Untersuchung.

Die Kosten eines generellen Milleniums-Zusammenbruchs wären sehr hoch, man müsse sie jedoch an der Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines solchen messen, und die sei sehr gering, meinen die Merrill Lynch Global Research Analysten.

Der erste Problemkreis, so Merrill Lynch, die Anpassung von Computersystemen, sei bereits weitgehend erfolgt. Sogar in den Schwellenländern hätten sich Informationsstand und Bewußtsein deutlich verbessert.

Der zweite Problemkreis wurzle in den Befürchtungen und Reaktionen von Konsumenten und Unternehmen.

"Angesichts des zunehmenden Medieninteresses erwarten wir, dass mehr für die Jahr-2000-Tauglichkeit getan wird. Andererseits werden aber auch Y2K-Ängste geschürt", meint Jeanne Terrile, Leiterin der Abteilung Strategic Research.

Je länger sich Unternehmen oder Körperschaften mit dem Y2K-Problem bereits befassen, umso zuversichtlicher sind sie.

In Europa verbesserten sich die Statistiken monatlich und Unternehmen in Australien und Neuseeland erwarten mehr Investoren, sollten nervöse Südost-Asien-Anleger einen sicheren Hafen suchen.

In den USA sei die Besorgnis sogar so gering, dass manche statt von einem "Millennium bug" vom "Millennium shrug" [Millennium-Achselzucken] sprechen. Dennoch bringt die US-Notenbank zu Jahresende zusätzlich 50 Milliarden Dollar [48 Mrd Euro] in Umlauf, um eventuellen Hamsterkäufen entgegenzutreten.

Japan, Lateinamerika unsicher

Im asiatisch-pazifischen Raum hielten sich, laut der Untersuchung, mittlerweile 80 Prozent der Unternehmen für Jahr-2000-kompatibel, die Befürchtungen konzentrieren sich auf die staatseigenen Versorger in Indonesien, Thailand und den Philippinen.

Über Japan lasse sich zum derzeitigen Zeitpunkt zu wenig sagen, um eine Investmentstrategie zu formulieren.

In Lateinamerika sei die Zuversicht in Argentinien, Chile und Mexiko am höchsten. In einigen Sektoren gebe es jedoch so wenige Informationen, sodass Investoren das Schlimmste annehmen. Merrill Lynch erwartet daher, dass die grosse Skepsis allein die Investoren beeinflussen könnte.

Y2K kurbelt Nachfrage an

Insgesamt sollten die Y2K-Ausgaben effizientere globale Systeme entstehen lassen. Auch könnte der Millenniums-Wechsel das Wirtschaftswachstum 1999 ankurbeln: "Die Anzeichen mehren sich, dass die Unternehmen in Europa und den USA beginnen, ihre Lager und Bestände in Erwartung von Nachfragespitzen zum Jahresende aufzufüllen", so die Merrill Lynch-Analysten.

Auf den Renten-Märkten sei die Flucht in Qualitätswerte gut möglich, dies könnte die Zinslandschaft im vierten Quartal kurzfristig ändern, führt Merrill Lynch aus.

Fondsmanager seien optimistischer gestimmt als noch vor einem Jahr, und nur 35 Prozent der Befragten glauben, dass Y2K die Aktienauswahl signifikant beeinflussen werde.