17.10.2005

BERUFUNG

Mannesmann-Prozess wird neu aufgerollt

Nach seinem Freispruch im Mannesmann-Prozess vor mehr als einem Jahr hatte sich Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hoch zufrieden gezeigt.

Dass sich das Urteil vom Juli 2004 über weite Strecken wie ein Schuldspruch las, konnte ihm nicht viel anhaben. Seine Devise lautete: "Freispruch ist Freispruch."

Doch ob dieser Bestand hat, wird sich ab Donnerstag zeigen. Im Revisionsverfahren vor dem deutschen Bundesgerichtshof [BGH] müssen sich Ackermann und fünf weitere Angeklagte, darunter Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser und Ex-IG-Metall-Chef Klaus Zwickel, wegen der Entscheidung um "Anerkennungsprämien" für Mannesmann-Manager in Höhe von rund 57 Millionen Euro erneut der Justiz stellen.

Klaus Tolksdorf als Richter

Massive Versuche der direkten oder indirekten Einflussnahme auf das Gericht, wie sie die Düsseldorfer Richterin Brigitte Koppenhöfer noch beklagte, werden in Karlsruhe nichts fruchten.

Eher im Gegenteil: Klaus Tolksdorf, Vorsitzender Richter des 3. Strafsenats, hat in mehreren Verfahren um islamistische Terroristen bewiesen, dass er Urteile gegen jegliche politische und öffentliche Erwartungshaltung fällen kann.

Untreue-Vorwurf der Staatsanwaltschaft

Im Mittelpunkt der Verhandlung mit 14 Verteidigern steht zunächst der Untreue-Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Der damals nur dreiköpfige Aufsichtsratsausschuss von Mannesmann, besetzt mit Ackermann, Aufsichtsratschef Joachim Funk sowie dem Arbeitnehmervertreter Zwickel, hatte auf Initiative von Mannesmann-Chef Esser und dessen Vorgänger Funk Anerkennungsprämien und Pensionsabfindungen für Manager in Höhe von 57 Millionen Euro bewilligt.

Esser bekam demnach rund 16 Millionen Euro und Funk, der über die von ihm vorgeschlagen Sonderprämie für sich auch selbst mit abstimmte, bekam sechs Millionen Euro. An weitere Vorständler gingen fünf Millionen und rund 32,5 Millionen wurden an pensionierte Vorstände verteilt.

Koppenhöfer hatte in ihrem Düsseldorfer Urteil keinen Zweifel daran gelassen, dass die Prämien "nicht im Einklang mit dem Aktiengesetz" standen, weil es ausgeschlossen sei, dass deren Auszahlung zusätzlich zu Gehalt und Abfindungen im Interesse von Mannesmann lag.

Legale Prämien versus Untreue

Die aus Sicht der Richterin einzige schwere Pflichtverletzung war die Prämie für Aufsichtsratschef Funk: Ackermann und Zwickel hätten bei der Prämienbewilligung "vorsätzlich" und "rechtswidrig" gehandelt.

Doch weil sie nicht wussten, dass sie dabei eine Straftat begingen und sich in einem "unvermeidbaren Verbotsirrtum" befanden, seien auch sie freizusprechen.

Eine Konstruktion, die von Juristen kritisch gesehen wird. Gerade dieser Knackpunkt könnte vom BGH aufgehoben und der Fall nach Düsseldorf zurückverwiesen werden.

Darüber hinaus wird der BGH womöglich klar stellen, wo die Grenze zwischen legalen Prämien und strafrechtlich relevanter Untreue liegt. Das Aktienrecht hilft da nicht weiter, denn es spricht nur von einer "angemessenen" Prämienhöhe.