Flugdaten-Deal möglicherweise illegal
Im Rechtsstreit über die Weitergabe von personenbezogenen Passagierdaten an die USA droht der EU-Kommission eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof [EuGH].
Der Generalanwalt des Luxemburger EU-Gerichts schlug am Dienstag vor, das Abkommen mit Washington wegen fehlender Rechtsgrundlagen für nichtig zu erklären. Das EU-Parlament hatte im Vorjahr wegen erheblicher datenschutzrechtlicher Bedenken den EuGH in dieser Frage angerufen.
Das endgültige Urteil des EuGH steht noch aus. In vier von fünf Fällen folgen die EU-Richter allerdings der Meinung des Generalanwalts.
Spätestens ab 2006 wollen die USA die Daten jedes Flugreisenden ["Passenger Name Records", PNR] mit einer Liste mutmaßlicher Terroristen abgleichen. Schon jetzt ist das System im Probebetrieb.
Keine Auskunft über FlugdatenEU-Kommission darf nicht entscheiden
Die EU-Datenschutzrichtlinie sei nicht außerhalb der EU anwendbar und gelte insbesondere nicht für die Datenverarbeitung zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit und staatlicher Tätigkeiten auf strafrechtlichem Gebiet, begründete der Generalanwalt seine Auffassung.
Folglich sei die EU-Kommission nicht befugt gewesen, über das Abkommen mit den USA zu entscheiden.
Auch Rat wird zurückgepfiffen
Auch die Entscheidung des Rates sei rechtlich nicht gedeckt. Dieser hatte sich nämlich auf Maßnahmen zur Umsetzung des Binnenmarktes gestützt, die im EU-Vertrag verankert seien.
Dieser Artikel biete aber keine Grundlage für die Bekämpfung des Terrorismus und sonstiger schwerer Verbrechen, erklärte der Generalanwalt.
Das Europaparlament hatte den EuGH um die Annullierung des Flugdatenabkommens zwischen der EU und den USA gebeten.
Schnellverfahren für Flugdaten-DealArgumente des EU-Parlaments zählen nicht
Andere Einwände der EU-Abgeordneten, wonach das EU-Parlament nicht ausreichend angehört wurde und das Abkommen die Privatsphäre verletze, wurden von ihm verworfen.
Die großen europäischen Fluglinien sehen sich durch die Empfehlung verunsichert. Ein Sprecher ihres Verbandes AEA sagte, nun sei unklar, wie es weitergeht. Die EU-Kommission lehnte eine Stellungnahme ab. Ihr Sprecher sagte, die Behörde warte zunächst das endgültige Urteil ab. Ein Sprecher der britischen EU-Ratspräsidentschaft sagte: "Wir stimmen der Empfehlung nicht zu und warten auf die Entscheidung."
Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erließen die USA Vorschriften, wonach Fluggesellschaften bei transatlantischen Flügen den US-Behörden Zugriff auf die Passagierdaten geben müssen.
Die Kommission verhandelte mit der US-Grenzschutzbehörde über Umfang und Bedingungen der Weitergabe. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Daten aus der EU ausreichend geschützt sind. Der EU-Ministerrat genehmigte daraufhin ein entsprechendes Abkommen.
Wo Europas Passagierdaten landen34 personenbezogene Daten
Die Regierungen der EU-Staaten hatten dem umstrittenen Abkommen im Mai 2004 zugestimmt - ungeachtet der Proteste des EU-Parlaments.
Demnach sind die Fluggesellschaften verpflichtet, den USA bis zu 34 personenbezogene Angaben über ihre Passagiere zur Verfügung zu stellen. Die Daten reichen von der Kreditkartennummer über Angaben zum Arbeitgeber bis zu Informationen über das an Bord bestellte Menü.