Der Laptop als Bombenversteck
Bei einer mehrjährigen Testreihe der Sicherheitskontrollen auf US-Flughäfen ist es gelungen, eine ungenannte Zahl von "Bomben" vor allem in Laptops und Büchern durchzuschmuggeln. Unter welchen Umständen das jeweils möglich war, ist nicht bekannt. Die Vorfälle wurden von der Heimatschutzbehörde unzureichend dokumentiert, bemängelt der US-Rechnungshof.
Sechs Jahre nachdem die zum Ministerium für Heimatschutz gehörige Behörde für Transportsicherheit [TSA] auf einen Schlag 55.000 neue Mitarbeiter angestellt hatte, sind die Sicherheitschecks auf US-Flughäfen immer noch ein vorrangiges Problem.
Der neueste Bericht des US-Rechnungshofs ist das Resultat einer Untersuchung, die seit 2002 im Laufen ist. Der Bericht trägt den Titel "Die TSA hat ein risikobasiertes, verdecktes Testprogramm entwickelt, könnte aber durch verdeckte Tests identifizierte Probleme in Bezug auf Flugsicherheit besser beheben".
Stark redigiert
Dieser gespreizte Titel sagt eigentlich schon alles über einen Rechnungshofbericht, in dem Zahlen absolute Mangelware sind. Es handelt sich nämlich um die öffentliche Version eines im Mai erstellten Geheimberichts zur Sicherheitslage auf den Flughäfen.
Der wurde dem Heimatschutzministerium vorgelegt und offenbar drei Monate lang redigiert. Der US-Rechnungshof muss seine Berichte schließlich veröffentlichen. Das letzte Änderungsdatum des PDF [siehe Link unten] war am 14. August.
20.000 verdeckte Tests
Zwischen den Zeilen lässt sich aber doch einiges aus diesem Bericht des Rechnungshofs herauslesen, der dabei gewissermaßen als Kontrolleur der Kontrolleurskontrolleure fungiert hat.
Zwischen 2002 und 2007 wurden 20.000 verdeckte Tests durchgeführt, in denen das Sicherheitspersonal der TSA in erster Linie versuchte, Bombenattrappen aller Art durch die Kontrollen zu schmuggeln. Die "Bomben" wurden in erster Linie in Laptops und Büchern versteckt, heißt es im Bericht.
Röntgen und Chemie
Fast alle US-Flughäfen sind mittlerweile mit Scannern zur Entdeckung von Explosivstoffen ausgerüstet. Mit Röntgenstrahlen werden die Objekte auf ihre physische Konsistenz untersucht - wenn diese einem bekannten Sprengstoff gleicht, gibt es Alarm.
Noch weniger verbreitet sind Geräte, die jedes Gepäckstück, das auf dem Förderband daherkommt, automatisch auf Sprengstoffspuren abtasten.
Alle Größenordnungen
Wie oft es bei den 20.000 Versuchen - wobei auch andere Sicherheitsmaßnahmen getestet wurden - gelungen war, eine Bombenattrape in einem Laptop oder Buch versteckt an Bord zu schmuggeln, verschweigt der Bericht aus "Sicherheitsgründen".
Erwähnt wird hingegen, dass bei Flughäfen aller fünf Größenordnungen Sicherheitslücken gefunden wurden.
Die Frage nach dem Wie
Wie es aber gelungen war, eine "Bombe" durchzuschmuggeln, ob das Durchleuchtungsgerät bzw. der Explosivstoff-Detektor nicht richtig funktioniert hat oder einfach nur schlampig gearbeitet wurde, wurde bei diesen Kontrollen der Sicherheitskontrolleure nicht systematisch aufgezeichnet.
Das heißt: Man hat sechs Jahre lang die Sicherheitskontrollen getestet, das aber nicht ausreichend dokumentiert. Damit ist es nicht möglich, die Vorfälle in Kategorien wie etwa "technisches Versagen", "Fehler in der Organisation" und "menschliches Versagen" aufzuteilen.
Das bemängelt der Rechnungshof ebenso wie mangelnde Zusammenarbeit zwischen den beiden Sicherheitsorganen der TSA.
Zwei Subbehörden
Das für die regionale Umsetzung zuständige "Office of Security Operations" hatte von März 2003 bis Juni 2007 von insgesamt 43 Sicherheitsvorgaben des [US-weiten] "Office of Inspection" erst 25 in Angriff genommen und auch die noch nicht fertig umgesetzt.
Die restlichen 18 wurden entweder ignoriert oder schlicht übersehen. Letzteres legt eine der Fußnoten nahe, die in derart stark redigierten offiziellen Dokumenten zum Thema Sicherheit sehr oft die interessantesten Passagen enthalten.
"... nicht systematisch verfolgen"
Diese lautet: Die Beamten des "Office of Security Operations" hätten mitgeteilt, dass sie den "Status der Vorgaben des 'Office of Inspection' nicht systematisch verfolgen". [Seite 33]
Der TSA sei es dadurch nur eingeschränkt möglich, bereits bekannte Sicherheitslücken zu schließen, ist das Fazit des Berichts.
Durchsuchte Festplatten
Statt über Laptops, die möglicherweise versteckte Bomben enthalten, und über mangelhafte Sicherheitskontrollen wird in den USA über die Inhalte der Festplatten von Laptops diskutiert.
Mitte Juni hatte ein US-Berufungsgericht die von Heimatschutzminister Michael Chertoff initiierte anlasslose Durchsuchung von Notebooks für rechtens erklärt. Die Durchsuchung der Festplatte sei mit dem Öffnen von Gepäckstücken gleichzusetzen, hieß es.
"Geistiges Eigentum"
In der vergangenen Woche hatte Chertoff das neue "Zentrum für die Koordination des Schutzes geistigen Eigentums" [National Intellectual Property Rights Coordination Center] eröffnet. "Geistiges Eigentum ist eine der wichtigsten Ressourcen der USA", sagte der Heimatschutzminister in seiner Eröffnungsrede.
Die Regierung werde deshalb den Kampf gegen die Piraterie verschärfen. Die neue Koordinationsstelle untersteht den Zollbehörden, die ebenso zum Heimatschutzministerium gehören wie die Behörde für Transportsicherheit.
Die neuen Richtlinien
Die im Juli veröffentlichten neue Richtlinien für den Zoll gestehen den Beamten alle Möglichkeiten zu, sämtliche Datenträger von Einreisenden zu durchsuchen.
Inhalte dürfen kopiert, übersetzt und entschlüsselt werden, bei Bedarf kann der Beamte den Datenträger auch beschlagnahmen.
Quer durch Europa befürchten Datenschützer, dass im "Anti-Piraterie"-Abkommen ACTA, das seit einem Jahr hinter verschlossenen Türen international ausgehandelt wird, ganz ähnliche, neue Befugnisse enthalten sind.
(futurezone | Erich Moechel)