Innenministerium hört mit
Der Wiener Gemeinderat der Grünen, Peter Pilz, ist mit schweren Vorwürfen gegen das Innen- und das Verteidigungsministerium an die Öffentlichkeit gegangen. Seinen Angaben zufolge sind beide Ressorts ohne Bewilligung des Verkehrsministeriums im Besitz von mobilen Abhöranlagen für das GSM-Netz.
Das Innenministerium habe das Gerät seit etwa einem Monat in Betrieb, sei ihm von zuständigen Beamten bestätigt worden, erklärte Pilz.
Abhöranlage des HNA
"Noch schlimmer ist für mich aber die Tatsache, dass das Heeresnachrichtenamt derartige Anlagen benützt. Es wurde nicht überprüft, ob diese Geräte ausschließlich dazu verwendet werden, die Sicherheit Österreichs zu gewährleisten."
Es sei auch durchaus möglich, dass damit Bürger, Journalisten oder Organisationen bespitzelt würden, die sich in irgendeiner Weise kritisch über das Bundesheer geäußert hätten, vermutet der Wiener Gemeinderat.
"Illegal"
Bei der Anlage des Innenministeriums handelt es sich um ein Gerät der deutschen Firma "Rohde & Schwartz", das rund zwei mal 1,5 Meter groß ist und etwa drei Millionen Schilling kostet. Wird es in der Nähe einer GSM-Funkzelle aufgestellt, können - laut Pilz - ohne Probleme bestimmte Gespräche mitgehört werden. Laut Telekommunikationsgesetz dürfe das Gerät allerdings nur mit einer Genehmigung des Verkehrsministeriums in Betrieb genommen werde. Für das Ressort von Karl Schlögl gebe es keine Ausnahmeregel. Pilz forderte daher die sofortige Beschlagnahmung der Abhöranlage und die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens seitens des Verkehrsministeriums.
Stellungnahme des Innenministeriums
Der Sprecher des Innenministeriums, Major Rudolf Gollia, bestätigt, dass die Sondereinheit Observation (SEO) im Besitz einer mobilen Abhöranlage für GSM-Handys sei. Den Vorwürfen des Grünen Gemeinderats Peter Pilz, dass das Gerät der deutschen Firma "Rohde & Schwartz" bereits seit einem Monat im Einsatz sei, widerspricht Gollia jedoch.
"Nur für Sondereinsätze"
Die Anlage wurde vom Innenministerium laut dem Sprecher nur für Sondereinsätze angeschafft. "Das Gerät soll vor allem bei Geiselnahmen, Flugzeugentführungen oder ähnlichem eingesetzt werden, um die Kommunikation des Täters zu verfolgen oder auch abzubrechen", sagte Gollia. An einen Einsatz im "Tagesgeschäft" der Exekutive sei nicht gedacht. "Wir wollen die mobile Anlage nur unter bestimmten Bedingungen und unter strengen Auflagen verwenden."
"Die Anlage wurde bisher nicht verwendet", versichert der Ministeriumssprecher. Richtig sei aber, dass es noch keine Betriebsbewilligung durch das Verkehrsministerium gebe. "Es wurde bis jetzt noch kein Antrag gestellt. Der Grund dafür ist aber ganz einfach, dass sich die zuständigen Beamten nicht bewusst waren, dass eine Bewilligung notwendig ist. Der Antrag wird daher sofort nachgereicht", erklärte Gollia.
In Betrieb genommen werde das Gerät sicher erst, wenn die Genehmigung eingelangt sei.
Handy-Überwachung
Eine andere Möglichkeit der Handy-Überwachung ist die Gesprächsdatenrückerfassung durch die Netzbetreiber. Diese Variante ist laut Gemeinderat Pilz die sicherere und gesetzlich überschaubarere. In der Regel würden die Anbieter die Vermittlungsdaten, also Teilnehmer, Gesprächsdauer und Standort, rund sechs Monate lang speichern. Im Bedarfsfall hätten auch ermittelnde Behörden mit richterlicher Genehmigung Zugriff. Aber auch das Online-Abhören von Gesprächen, Short Messages (SMS) oder Mobilboxen sei technisch kein Problem.
"Derzeit gibt es in Österreich täglich - richterlich genehmigte - Überwachungen von Handys", so Pilz. Pro Monat würden rund 60 bis 80 derartige Operationen durchgeführt.
Das Problem dabei sei ein politisches, weil es keine entsprechenden Verordnungen gebe. Während das Innenministerium im Bedarfsfall aktiv mithören wolle, hätten das Justizministerium und die Betreiber Bedenken gegen eine derartige Praxis.
Grundsätzlich sei auch nichts dagegen zu sagen, dass Kriminelle überwacht würden. Für Pilz müssen dazu aber noch "entscheidende Grundrechtsfragen" geklärt werden.