20.08.1999

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Bildquelle: PhotoDisc

Internet-Provider zu verschenken

Farrukh Khan hat ein Unternehmen zu verschenken. Eine Gesellschaft, die noch gar nicht existiert und doch schon in einem Jahr an die Börse gehen soll. Was wie die absurde Idee eines Exzentrikers klingt, ist für den britischen Unternehmer nichts anderes als der nächste logische Schritt im schnelllebigen Internetgeschäft.

Mit der Frankfurter free4u.de GmbH will Khan den deutschen Surfern einen kostenlosen Zugang ins Datennetz bescheren. Damit noch nicht genug. Wer sich als Kunde registrieren lässt, bekommt zur Belohnung Anteile an der Gesellschaft geschenkt.

Internet-Aktionär zum Nulltarif

Insgesamt 50 % des Unternehmens, unterteilt in zwei Mrd. Anteile, will der smarte Geschäftsmann pakistanischer Abstammung an die Internetgemeinde verteilen. Für den Profit des erstaunlichen Projekts sollen vor allem Werbekunden und E-Commerce-Anbieter sorgen, die für den dann hoffentlich großen und treuen Kundenstamm bezahlen.

Khan über seine Geschäftsidee: "Ein kostenloser Zugang allein reicht nicht mehr aus, wir müssen den Kunden schon etwas bieten, damit sie bei uns surfen." Bisher hat Khan rund 1,5 Mio. DM, die er von privaten Investoren aufgetrieben hat, in das Projekt gesteckt.

Sein Projekt hat er nach Deutschland verlegt, weil ihm in Großbritannien die Konkurrenz zu groß ist. Als Starttermin gilt Mitte September. Bis dahin will er nicht nur den Netzzugang, sondern auch ein Nachrichtenangebot aus Politik, Sport und Wirtschaft aus dem Boden stampfen.

Geschenkt

Bei der Verteilung der Firmenanteile an free4u sollen Kurzentschlossene am meisten profitieren.

Schon im nächsten Jahr soll free4u den Sprung an die Börse schaffen. Dann sollen die bis dahin verteilten Anteile in Aktien umgewandelt werden.

Nach welchem Modus dies geschehen soll, ist allerdings unklar. Auch für den Börsengang selbst gibt es keine Garantie. Erste Verhandlungen mit Emissionsbanken will Khan im Herbst aufnehmen.

Verblüffung und Skepsis

In der Internet-Branche stößt Khans Plan auf Verblüffung. Von free4u gehört haben die wenigsten, und kaum einer will eine Prognose wagen, ob Khans Projekt wirklich eine Chance hat, zum neuen Stern am Internethimmel aufzusteigen, oder ob es wie eine Seifenblase platzen wird.

Einen "gewissen Charme" kann Britta Döring vom großen Konkurrenten AOL der Idee nicht absprechen. Die Erfolgschancen sieht sie aber skeptisch: "Treue Kunden gewinnt man nicht nur über den Preis, sondern auch über Qualität und Service."

Auch die Analysten sind sich nicht so ganz sicher, was sie von Khans Geschäftsidee halten sollen. "Wer als erster mit einer neuen Idee im Markt ist, hat natürlich die besten Chancen, aber es muss die richtige Idee sein", sagt Steve Winram, Analyst bei Morgan Stanley Dean Witter in London. Khans Konzept findet er auf jeden Fall "sehr originell".

Börsegang

Von solcher Skepsis lässt Khan sich nicht aufhalten. Er berechnet bereits den künftigen Börsenwert von free4u. Die Kalkulation folgt einem einfachen Prinzip: je mehr Nutzer, desto höher der künftige Aktienkurs.

Dabei beruft der Gründer sich auf die Analysten von Dresdner Kleinwort Benson. Die haben vorgeschlagen, die Bewertung von Internetanbietern vor allem an der Kundenzahl und der im Netz verbrachten Zeit zu messen. Die sonst üblichen Kriterien wie Kurs-Gewinn-Verhältnis, Gewinnwachstum oder Dividendenrendite greifen bei den jungen Unternehmen nicht, weil die meisten noch hohe Verluste machen. Zur Berechnung des fairen Kurses schlagen die Spezialisten einen Richtwert von 3.000 DM für jeden registrierten Kunden vor.

Unternehmenswert

Bis Ende vergangener Woche hatten sich bereits mehr als 50.000 Nutzer bei free4u eingeschrieben. Davon, so hofft der Unternehmer, wird die Hälfte letztlich auch zu treuen Kunden. Diese Zahl multipliziert er einfach mit 3.000 DM. Demnach wäre free4u bereits einen Monat nach der Gründung mehr als 75 Mio. DM wert. An diesem Gedankenspiel meldet Analyst Winram allerdings Zweifel an. Die Bewertung pro Kunde, die Khan zu Grunde lege, orientiere sich an US-Unternehmen, die bereits seit einiger Zeit am Markt seien. "Bei jungen europäischen Gründungen muss man einen kräftigen Abschlag vornehmen", gibt Winram zu bedenken.