Internet statt Kino
Die Filmindustrie beginnt, das Internet nicht mehr nur als Brutstätte für Piraterie und Copyright-Verletzungen zu sehen, sondern auch zunehmend als Geschäftsfeld zu entdecken.
Die vier Jahre alte Firma Metafilmics plant die Produktion eines Filmes, der zuerst ausschließlich via Internet erhältlich sein wird, berichtet die New York Times. Damit wird zum ersten Mal eine etablierte Produktionsgesellschaft das Internet als primären Distributionsweg nützen.
Der Metafilmics-Streifen "What Dreams May Come" wurde bei der letzten Verleihung der Academic Awards mit einem Oscar für die besten Spezial-Effekte ausgezeichnet.
Präsentation im Mai
Im geplanten Internet-Film "The Quantum Project" wird es - mehr wird bis dato nicht verraten - um einen Physiker gehen, der eine mysteriöse Erfahrung macht. Regisseur ist Francis Glebas, der auch bei "Fantasia 2000", einer Disney-Produktion, die demnächst herauskommen wird, Regie führte. Barnet Bain, Mitgründer von Metafilmics: "Wir haben ein Budget von nur drei Millionen Dollar. Das ist - an Hollywood-Standards gemessen - wenig."
"The Quantum Project" wird voraussichtlich im Mai 2000 im Internet präsentiert. Der Film wird jedenfalls eine Länge von mehr als 40 Minuten haben, wohl aber wegen der Download-Zeiten keine volle Filmlänge erreichen.
"The Quantum Project"
Über den Website Sightsound.com, der Filme im Internet anbietet,
wird der neue Internet-Film vertrieben werden. Sightsound.com wird
für das Herunterladen des Films eine Gebühr von einigen Dollar
verrechnen - der genaue Betrag wird sich nach der Zahl der Tage
richten, für die der Film freigeschaltet wird.
Bain ist von den künstlerischen Möglichkeiten des Internet überzeugt: "Es ist eine einmalige Gelegenheit, mit einem völlig neuen Medium zu arbeiten und dabei unter den Vorreitern zu sein."
Trotz seiner Begeisterung für das Internet hofft Bain, den Film später auch in den Kinos vorführen zu können.
Marketing
Die Filmindustrie hat das Internet bereits als Marketingmotor
entdeckt. Star-Wars-Regisseur Geroge Lucas hat die "Episode I" über
Filmclips im Internet beworben. Legendär wurde der Film "The Blair
Witch Project", bei dem drei Schauspieler von zwei Filmstudenten mit
einer Kamera in den Wald geschickt wurden, um einem Hexenmythos
hinterher zu spüren. Rund um diesen Film wurde im Internet so viel
Mythos aufgebaut, dass "The Blair Witch Project" - trotz
ursprünglich fehlender Filmmusik und total verwackelter, weil
amateurhafter Kameraführung - binnen kürzester Zeit in den
amerikanischen Kinos 60 Millionen USD eingespielt hat.
Film im Netz
Der Filmvertrieb über das Internet steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. Das Herunterladen eine Films kann derzeit - je nach Länge des Streifens und technischer Ausstattung - sogar mehrere Tage dauern, und auch die Bildqualität lässt noch zu wünschen übrig.
Mit der Entwicklung des High-Speed-Internet werden diese Barrieren allerdings fallen.
Atomfilms
Einige Firmen beginnen sich schon jetzt in der
Online-Filmindustrie zu etablieren. Atomfilms, eine Firma, die sich
auf Kurzfilme spezialisiert hat, konnte vor kurzem Investitionen von
der Warner-Brothers-Tochter Time Warner, der Investment-Bank Allen &
Company und vom ehemaligen Universal-Studios-CEO Frank J. Biondi jr.
an Land ziehen. In der Folge hat die Filmfirma heute angekündigt,
einige ihrer Filme über Warner Brothers Online, Snap.com [NBC] und
Real Networks Inc. zu vertreiben.