Spionage mit Robotern in Staubkorngröße
Smart Dust, schlauer Staub, nennen die Entwickler von der University of California in Berkeley bezeichnenderweise ihre Miniaturroboter.
Es handelt sich dabei um komplette Sensor- und Kommunikationsplattformen in der Größe von ein paar Millimetern, vollständig ausgerüstet mit analoger und digitaler Elektronik und einer Batterie als Stromversorgung. Sie können in großen Mengen versprüht werden, Daten aufnehmen und zu einer Basisstation weiterleiten.
"Einige Tausend oder sogar Millionen von diesen Informationsknoten werden gleichzeitig Informationen aufnehmen und senden können" ist Kris Pister, der Projektleiter an der UCB, optimistisch.
Schlüsselelemente dieser schlauen Staubkörner sind sogenannte MEMS, Micro Electro-Mechanical Systems. Diese Miniaturmaschinen können Sensoren aller Art, Reflektoren und andere mechanische Elemente sein, die wie Platinen durch Halbleiterätztechnik hergestellt werden und sich daher besonders klein und in großen Mengen herstellen lassen.
Mini-Wanzen für die totale Überwachung
"Anwendungsmöglichkeiten gibt es überall. Zum Beispiel voll
vernetzte Krankenhauszimmer, wo selbst die Spritze weiß, ob sie im
richtigen Patienten steckt. Menschen, die sich Smart Dust auf die
Haut sprühen und damit ein virtuelles 3D-Ballett aufführen können,
oder meteorologische Beobachtungen, bei denen die schlauen
Staubkörnchen in Wirbelstürme gebracht werden und Daten direkt aus
dem Epizentrum liefern." Kris Pister bemüht sich, die zivilen
Anwendungsbereiche zu betonen. Auf der Hand liegt jedoch, dass die
Microroboter für militärische Anwendungen von größtem Interesse
sind. Spionage, Aufklärung und Überwachungsaufgaben ließen sich mit
einem System wie dem Smart-Dust-Projekt unbemerkt und sehr effizient
ausführen. Wenn Tausende Mini-Wanzen Informationen sammeln und
weiterleiten können, und das über mehrere Tage hinweg auf eine
Distanz von vielen Kilometern, werden Militärs hellhörig. Smart Dust
wird daher auch von der Defense Advanced Research Projects Agency
(DARPA) unterstützt, die dem amerikanischen Verteidigungsministerium
unterstellt ist.
Basisstation im Fernglas
Smart Dust funktioniert folgendermaßen: Die Staubkörner sind mit diversen Sensoren ausgestattet, die Bewegungen, Wärme, elektrische und magnetische Felder usw. registrieren können. Die Kommunikation erfolgt optisch, weil optische Systeme weniger Strom verbrauchen als Funkgeräte und auch weniger Elektronik zur Datenaufbereitung benötigen.
Von einer Basisstation, die zum Beispiel wie ein handgehaltenes Fernglas aussehen könnte, werden die Daten aufgenommen und ausgewertet.
UCB Smart Dust ProjectViele Kilobit/sec über viele Kilometer
Die Staubkörner können entweder aktiv mit einem Laser ihre Information senden oder einen Leitstrahl der Basisstation reflektieren und dabei so modulieren, dass sie im Kilobit/sec-Bereich Daten übertragen können.
Ein spezieller Spiegel (Corner Cubic Mirror) kann elektrostatisch mit einigen Megahertz bewegt werden und ermöglicht so die Übertragung von hohen Datenmengen über große Strecken. Pister hat mit seinen Kollegen gezeigt, dass sie ihre Staubkörner mehr als 21 Kilometer entfernt quer über die Bucht von San Francisco beobachten können.
Vorraussetzung für die optische Kommunikation ist eine direkte Sichtverbindung zur Basisstation oder ein funktionierendes Netzwerk zwischen den einzelnen Staubkörnchen, damit Informationen über viele Zwischenstationen weitergereicht werden können.
Strom sparen!
Die aktuellen Modelle sind noch ca. fünf Millimeter groß, sollen aber auf eine Größe von unter einem Kubikmillimeter schrumpfen und dabei die volle Sensor- und Kommunikationsfähigkeit behalten. So wäre es möglich, dass die intelligenten Staubkörner in der Luft driften und sich über große Flächen verteilen. Ein besonderes Problem bildet dabei die Stromversorgung, eine Batterie, die den größten Teil des Staubkorns ausmacht. Sie kann zwar mit einer Solarzelle aufgeladen werden, speichert aber nur ca. 1 Joule an Energie. Um einen Tag überleben zu können, dürfen die Geräte der Mini-Wanze nur ein paar Microwatt verbrauchen. Die Forscher arbeiten daran, Schaltungen zu entwickeln, die Elemente nur aktivieren, wenn sie auch wirklich gebraucht werden, um Strom zu sparen und die Lebensdauer zu erhöhen.
Ausschwärmende Staubwolken
Die neueste Herausforderung besteht darin, dem Smart Dust intelligentes Schwarmverhalten beizubringen, sodass sich die intelligente Staubwolke wie ein Bienenschwarm verhält, die einzelnen Teile miteinander kommunizieren und komplexe Beobachtungsaufgaben meistern können.
Ziel ist es, dass sich die Staubkörner gegenseitig informieren, was gerade am wichtigsten zu beobachten ist, und einem Computernetz gleich die Informationen schon untereinander aufarbeiten, bevor sie an die Basisstation weitergeleitet werden.
UCB Robotics and Inteligent Machines Lab