Therapie im virtuellen Raum
Tiefgreifende Angstzustände und Phobien wie zum Beispiel Spinnenphobien beeinträchtigen die Lebensquälität der Betroffenen enorm. Einen neuen Ansatz in der Verarbeitung solcher Phobien entwickelten jetzt ein Psychologe an der Universität Washington und zwei Forscher am HIT-Lab.
Albert Carlin, Hunter Hoffman und Suzanne Weghorst kreierten eine virtuelle Umwelt, in der der Patient zunächst spielerisch mit einer Cyber-Variante seines täglichen Albtraumes konfrontiert wird.
Ein großer Vorteil in der therapeutischen Verwendung virtueller Umwelten liegt in der größeren Freiheit, die sowohl der Therapeut als auch der Klient haben: Sie können die Intensität des gefürchteten Objektes oder Stimulus selbst kontrollieren. Die "virtuellen Taranteln" gehorchen den Computerbefehlen, können in verschiedenen Varianten im speziellen Cyberspace platziert und ohne Gefahr berührt werden.
Durch die Ermutigung der betroffenen Person, mittels einer Cyberhand in direkten Kontakt mit einer Cybertarantel zu treten, verlor der Angst auslösende Reiz mit der Zeit an Kraft.
Ein anderes Mal kontrollierte der Psychologe die Bewegungen der virtuellen Spinne durch Bewegung eines Positionssensors, durch Eingabe neuer Positionskoordinaten in das Keyboard oder durch Abruf vorprogrammierter Verhaltensweisen des Cyberobjektes. Der Klient setzte sich auf verschiedenste Weise und in den unterschiedlichsten Kontexten mit dem Objekt seiner Angst auseinander.
From Cyber to Real
Taktile Vergrößerungen wurden in mehreren Sitzungen verwendet, um
den Trainingseffekt von der virtuellen Umwelt zur realen Welt zu
transferieren. Taktile Vergrößerung ist eine Form "gemischter
Realität", bei der Klienten von ihnen wahrgenommene Objekte mit
virtuellen verknüpfen, die sie in der jeweiligen virtuellen Umwelt
erleben. In diesem Fall lernt zum Beispiel eine Klientin mit
ausgeprägter Spinnenphobie, zuerst mit einer virtuellen Tarantel in
der vom HIT-Lab entworfenen virtuellen Umwelt. Kontakt aufzunehmen
und nach und nach besser mit den damit verbundenen Emotionen
umzugehen. In einem zweiten Schritt lernt sie, physischen Kontakt
mit einer Spielzeugtarantel aufzunehmen, die schließlich als
Positionssensor die Cyber- Tarantel steuert.
Sensationelle Ergebnisse
Während der Therapiesitzungen war der Klient ständig in der Lage, die Art der Auseinandersetzung mit dem Objekt seiner Angst zusammen mit dem Therapeuten zu verändern, sodass eine komplexe Konfrontation mit der Phobie ermöglicht wurde.
Die ersten Ergebnisse der Anwendung von virtuellen Umwelten bei der Heilung von Phobien waren überraschend. Bei einer der ersten auf diese Weise therapierten Klientin stellte sich schon nach zwölf Wochen eine derart drastische Verminderung ihrer Angstzustände ein, dass sie teilweise ein völlig neues Verhalten an den Tag legte.
Der aus einem umfangreichen Fragebogentest gewonnene Vergleich mit ihrem Ausgangszustand machte die Verbesserung deutlich und messbar. Die Forscher hoffen nun auf die vermehrte Anwendung von virtuellen Umwelten in Psychologie und Medizin.
HIT-Lab Forschungsprojekte