Erste Motoren in Molekülgröße gebaut
Ein großer Schritt im Bereich kleinster biologischer Maschinen ist drei Forscherteams gelungen, welche die ersten Motoren in Molekülgröße gebaut haben. Damit rücken subzelluläre bionische Maschinen erstmals in realistische Reichweite.
Solche Geräte könnten, unvorstellbar klein und mit eigenem Antrieb, zum Beispiel als Mini-U-Boote mit einem Propeller durch den Körper rauschen und Medikamente in der richtigen Dosierung in Krebszellen abgeben.
Die vor kurzem veröffentlichten Forschungsergebnisse gehen von drei verschiedenen Richtung an das Problem heran. Gesteuerte Kreisbewegungen in Molekülen sind schon lange ein wichtiges Forschungsgebiet der Nanotechnologie. Dabei handelt es sich eigentlich schon gar nicht mehr um Nanotechnologie, deren Maschinen noch mit optischen und Elektronenmikroskopen erkennbar sind. Die neuen Motoren sind viel kleiner.
Biomotoren
Biologische Systeme sind voll von "Motoren". Von kleinen Bahnen, die Nährstoffe in Zellen transportieren, über haarartige Fortsätze in der Lunge, die Staubpartikel hinaustransportieren, bis zu kleinen Paddeln, mit denen sich Bakterien und Einzeller fortbewegen, reichen die Varianten. Auch unsere Muskelkraft basiert im kleinsten Element auf molekularen Motoren. Dabei wird die Bewegung immer dadurch erreicht, dass verschiedene Moleküle chemisch miteinander reagieren und ihre Form oder Position zueinander verändern. Was für ein Mechanismus genau dahinter steckt, ist jedoch bei vielen dieser Systeme immer noch unklar.
Öko-Sprit ATP
Carlo Montemagno und George Bachand von der Cornell Universität haben es geschafft, einen molekularen Motor aus dem Enzym ATPase und einem gentechnisch produzierten Proteinstab herzustellen und diesen auf eine metallische Oberfläche zu montieren.
Er ist den biologischen Motoren nachempfunden, die in allen Lebewesen vorkommen und sich mit dem Enzym ATPase die nötige Energie aus Adenosintriphosphat (ATP) besorgen. ATP ist der universellste Energielieferant lebender Zellen. Der winzige Motor lief immerhin 40 Minuten lang und drehte sich mit drei bis vier Umdrehungen in der Sekunde.
Wenn es gelingt, solche Motoren mit Strukturen zu verbinden, die Medikamente oder andere wichtige Stoffe transportieren, dann könnten diese Gefährte wie Mini-Apotheken durch den Körper flitzen und ganz bestimmte Krankheitsherde gezielt erreichen. Energie ist dabei kein Problem. Den "Sprit" ATP gibt es überall im Körper.
Carlo Montemagnos LaborRatsche aus 50 Atomen
Ross Kelly vom Boston College ist einen anderen Weg gegangen. Anstatt des Enzyms ATPase hat er ein organisches Molekül hergestellt, das aus weniger als 50 Kohlenstoffatomen besteht.
Es gleicht einer Ratsche, die sich nur in eine Richtung drehen kann und von Carbonyldichlorid angetrieben wird. Der Motor kann allerdings nicht den allgegenwärtigen Biosprit ATP verwenden und schafft vorerst nur eine Drehung von 120 Grad.
Er funktioniert aber nach einem ähnlichen Prinzip wie die ATPase und ist zudem noch um ein Vielfaches kleiner als die biologischen Molekül-Motoren.
Ross Kelly vom Boston CollegeAntrieb mit UV-Licht
Der dritte Motor, der vor kurzem vorgestellt wurde, ist noch eine Stufe kleiner. Die gezielte Umsetzung von Energie in eine kreisförmige Bewegung haben Nagatoshi Koumura und Ben L. Feringa mit Alkenen, speziellen organischen Molekülen, erreicht. Die von den Forschern verwendeten Alkene können sich um eine einzige Kohlenstoffdoppelbindung drehen.
Dass sich bestimmte Moleküle in ihrer räumlichen Form verändern können, ist ein altbekanntes Phänomen in der Chemie. Der Schritt zum Motor gelang aber erst, als es möglich wurde, durch UV-Bestrahlung zwei Molekülteile sich über mehrere Zwischenstufen um 360 Grad drehen zu lassen. Sobald das Molekül eine Drehung vollführt hat, ist es wieder bereit, sich in der gleichen Richtung weiterzudrehen und nicht in den letzten Zustand zurückzufallen. Dadurch entsteht eine echte Rotation.
Diese Moleküle werden durch UV-Licht aktiviert und können so sehr gezielt ein- und ausgeschaltet werden. Besonders für neue Speichermedien oder Biochips könnten solche Miniatur-Maschinen interessant werden.
Ben Feringas Labor