Neue "Cyber-Crime" Pläne im Europarat
Auch in der zweiten frei gegebenen Fassung stößt der Entwurf eines Abkommens des Europarats zur Bekämpfung von so genannten "Cyber-Crime" auf internationale Kritik.
"Unserer Meinung nach ist der gesamte Artikel 18 mit dem Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtscharta und mit der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte unverträglich" schreibt eine Koalition aus 25 Bürgerrechtsgruppen der Global Internet Liberty Campaign an den Generalsekretär des Europarats.
Dieser Artikel mit dem Titel "Interception of Electronic Communications" verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, die Internet-Provider auf ihreme Hoheitsgebiet zu verpflichten, generell Logfiles und andere Daten aufzuzeichnen, aber auch in Echtzeit zur Verfügung zu stellen.
Abhörschwelle gesenkt
Dazu senkt das Abkommen die Schwelle der betroffenen Strafdaten
nach Ansicht aller Kritiker beträchtlich. Geht es nach dem Willen
der Autoren, könnte in Hinkünft schon der Verdacht auf den Besitz
einer raubkopierten Musikfile genügen, um den Behörden Zugriff auf
die gesamte Kommunikation einer Person zu geben.
Was "illegales Abfangen" von Daten betrifft, so hat man in Paragraph drei für die Betreiber militärischer Abhörsysteme wie ECHELON eine Ausnahme geschaffen, indem man ihnen den Zusatz "in unehrlicher Absicht" [dishonest intent] eine Hintertür geschaffen.
Artikel sechs über "illegale Hilfsmittel" etwa würde in seiner augenblicklichen Form dazu führen, das über bestimmte Programme, Scripts oder Sicherheitslöcher in Softwares nicht mehr öffentlich diskutiert werden darf.
Die Diskussion in den USA
Während die Diskussion in den USA, die an dem Abkommen
federführend mitwirken, bereits weite Medienbereiche erfasst hat,
sind in Europa warnende Stimmen noch rar.
Christiane Schulzki-Haddouti über "Cybercrime":
"Wen wundert es da noch, dass die Autoren bei den Regeln zur Durchsuchung und Beschlagnahmung von Computern auch den behördlichen Zugriff auf private Kryptoschlüssel ermöglichen wollen.
Zumindest lässt der entsprechende Absatz eine derartige Auslegung zu. Nach Ansicht von Bürgerrechtlern verstößt dies jedoch gegen die europäische Menschenrechtskonvention.
Denn es gilt auch in Europa, dass niemand gezwungen werden kann, sich selbst zu belasten - wie es bei der Herausgabe von Zugangscodes der Fall sein könnte."
"Fachbeamte und Lobbygruppen"
Demokratisch gewählte Volksvertreter haben übrigens nicht an dem
Abkommen mitgewirkt. Zustande gekommen ist es durch Fachbeamte und
Lobbygruppen. Dass diese so hemdsärmelig mit Grundrechten umgehen,
zeigt, dass sie auf demokratische Spielregeln wenig Rücksicht nehmen
müssen. Es ist an der Zeit, dass die Europäer demokratische
Strukturen nicht nur von Entwicklungsländern einfordern, sondern
auch bei sich selbst."