09.11.2000

HINTERGRUND

Bildquelle: Photodisc

ECHELON blockiert Cybercrime-Abkommen

Es hatte lange Zeit ganz danach ausgesehen, als würde sich außer zwei Dutzend besorgten Civil-Liberties- und Bürgerrechtsorganisationen niemand öffentlich dafür interessieren, was die Experten des Komitees "Crime in Cyber-Space" [PC-CY] beim Europarat an Plänen zur grenzüberschreitenden Suche in digitalen Netzen und Datenbanken ausgearbeitet hatten.

Der wie alle anderen hinter verschlossenen Türen zwischen Lobbyisten und gesetzlich ermächtigten Behörden ausgehandelte Entwurf Nr. 22, Revision zwei, ist nach einem Monat seiner Publikation in weiten Teilen den Speicherplatz nicht mehr wert, den das Dokument einnimmt.

In mehreren Punkten keine Einigung

Das deckt sich mit anderen Informationen aus dem Bereich IT-Industrie [siehe nächster Teil], die der FutureZone vorliegen, denn das Abkommen soll gleich in mehreren sensiblen Punkten aus verschiedenen Gründen vorläufig gescheitert sein.

Der politisch Sensibelste dabei heißt wieder einmal ECHELON und anverwandte nationale, militärische Spionagesysteme.

Wirtschaftsspionage ist "unlauter"

Ganz offensichtlich wurde den Beteiligten erst in der vorliegenden Fassung 22.2 klar, welchen Sprengstoff Artikel drei, der nationale Gesetze gegen illegales Abfangen von Daten aus nicht öffentlichen Computernetzen und so genannte Tempest-Angriffe einfordert, in sich birgt.

Der Zusatz, dass sich jeder Staat selbst eine Ausnahmeregelung von Artikel drei genehmigen könne, wenn zwar diese Delikte begangen würden, dies aber nicht mit "unlauteren Absichten" [dishonest intent] geschehe, war offenbar der Auslöser

Der Begriff "unlautere Absichten" wird in seiner Brisanz nämlich erst dann erkennbar, wenn man weiß, dass darunter schlicht "Wirtschaftsspionage" zu verstehen ist.

Unterschiedliche Auffassungen

Unterschiedliche Auffassungen darüber, inwiefern die nationalen Legislaturen - besonders in Großbritannien, den USA, Frankreich, Deutschland und Japan - das Abfangen von Daten zum Vorteil der eigenen Wirtschaft als "unlauter" einstuften, brachten den gesamten Komplex rund um Artikel drei damit zu Fall.

Die Möglichkeiten des grenzüberschreitenden Durchsuchens von Datenbanken und -netzen [trans border search] im Zuge der Bekämpfung von "Cybercrime" sollten in den nächsten Versionen des Dokuments stark beschränkt werden - quasi auf den ohnehin öffentlichen Bereich.

Mehr Hintergünde über den Widerstand der IT-Industrie gegen anderen Punkte des Abkommen folgen im zweiten Teil.