Pro-Kryptographie-Urteil wackelt
Der Federal Appeals Court hat beschlossen, sein Urteil, das den Export von starken Verschlüsselungsprogrammen als abgedruckter Quellcode für zulässig erklärte, nochmals zu überdenken.
Ursprünglich wurde entschieden, dass das Verbot des Exports von [ausgedruckten] Quellcodes von Kryptographieprogrammen gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoße.
Quellcode
Der Source-Code [auch Quellcode genannt] umfasst die Programmzeilen, mit denen ein Programm erstellt wird. Dieser Source-Code wird kompiliert [in die jeweilige Maschinensprache übersetzt] und ist dann im Prinzip nicht mehr abänderbar. Wer über den Source-Code verfügt, kann ihn in die Maschinensprache übersetzen und auch vollständig, nach seinen Wünschen, verändern bzw. verbessern.
Grund für die Ablehnung der Exportbeschränkungen für Verschlüsselungssoftware ist, dass dadurch auch die Möglichkeit eingeschränkt wird, persönliche Informationen vor missbräuchlichen Eingriffen zu schützen.
Das US-Department of Justice behauptete allerdings, dass die Pro-Kryptoexport-Entscheidung dazu führen könnte, dass "Verschlüsselungstechnologie in die Hände von feindlichen ausländischen Parteien fallen" könnte.
"Meilenstein" bröckelt
Privacy-Schützer feierten schon den Niedergang der weitreichenden Exportbeschränkungen für Kryptographie. Tara Lemmey von der Electronic Frontier Foundation sagte: "Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Beseitigung der Export-Restriktionen." David Sobel vom Electronic Privacy Information Center in Washington meinte zu der Krypto-Entscheidung: "Eines der bedeutendsten Internet-Urteile. Dadurch wird ein wichtiger Präzedenzfall für die freie Meinungsäußerung und den Schutz der Privatsphäre im Internet geschaffen."
Erst vor kurzem hat die amerikanische Regierung angekündigt, die Export-Beschränkungen für Verschlüsselungs-Technologien zu lockern.
"Cyberspace Electronic Security Act"
Mit dem neuen Gesetz würde die Clinton-Administration vor allem
dem Drängen der IT-Industrie nachgeben, die durch vergleichsweise
liberale Regelungen - vor allem in Europa - Wettbewerbsnachteile
befürchtet.
Phil Zimmermann, Erfinder des Internet-Standards PGP [Pretty Good Privacy], zeigte sich anlässlich dieser Ankündigung der US-Regierung im Gespräch gegenüber der Futurezone skeptisch.
Bei der angeblich bevorstehenden Krypto-Regelung würde überhaupt nicht auf Details eingegangen. Die Initiativen der US-Regierung in der Vergangenheit hätten aber gezeigt, dass der Teufel gerade im Detail stecke.
Pretty Good Privacy
Die Softwarelösung PGP wurde von Phil Zimmermann 1991 entwickelt
und als Freeware ins Netz gestellt. Sein Einsatz für mehr
Privatsphäre im Netz brachte ihn einerseits in Konflikt mit der
amerikanischen Justiz, auf der anderen Seite wurde er zur Kultfigur
der Net-Community. Jahrelang wurde Zimmermann von der amerikanischen
Regierung verfolgt, weil der Export von Verschlüsselungstechnologien
laut offizieller US-Politik als gefährlich angesehen wird.
Network Associates hat inzwischen die Verschlüsselungssoftware PGP um 35 Millionen Dollar in bar angekauft, um damit ihre Produktpalette im Sicherheitsbereich zu vervollständigen. Auch den guten Namen und die Akzeptanz von Phil Zimmermann in der Community wollte sich Network Associates nicht entgehen lassen. Sie holten ihn daher in die Firma.
PGP-Erfinder Phil Zimmermann