Börse hofft auf Zinssignal der US-Notenbank
Mit großer Spannung fiebern die Finanzmärkte der letzten Sitzung der US-Notenbank [Federal Reserve] in diesem Jahr entgegen.
Wenn die Währungshüter am Dienstag in Washington zusammenkommen und mit ihrem Chef Alan Greenspan die Zinspolitik erläutern, werden Finanzexperten aufmerksam wie lange schon nicht die Erklärungen der Fed studieren. Nach einer Serie von Zinserhöhungen erwartet kaum jemand schon die Trendumkehr. Aber es wird ein erster Wink erhofft, dass die Fed ihre Politik ändert und für Anfang 2001 eine Zinssenkung zumindest in Aussicht stellt.
"Soft Landing"
Sechs Mal hat der Offenmarktausschuss seit Mitte 1999 an der
Zinsschraube gedreht, zuletzt im Mai dieses Jahres. Der
Tagesgeldsatz liegt inzwischen bei 6,5 Prozent, der Diskontzins bei
6,0 Prozent. Greenspan hatte stets vor einer "Überhitzung" der
boomenden Konjunktur gewarnt. Er wollte mit allen Mitteln
gegensteuern. Eine "sanfte Landung" der schier ausufernd wachsenden
US-Wirtschaft war das Ziel des mächtigsten Zentralbank-Präsidenten.
Kräftige Gegenbewegung
Doch das Pendel scheint nun etwas zu kräftig zurückzuschlagen. Vor gut einer Woche wandte sich Greenspan angesichts der jüngsten kräftigen Bremsspuren in der US-Konjunktur erstmals mit mahnenden Worten an die Öffentlichkeit.
Das Wirtschaftswachstum von nur noch 2,4 Prozent im dritten Quartal - nach 5,6 Prozent von April bis Juni - hatte aufgeschreckt. Die Weltbank rechnet für 2001 mit einem BIP-Wachstum von 3,2 Prozent und für 2002 von 2,9 Prozent. Sogar das Abdriften in eine Rezession könne nicht ausgeschlossen werden, mahnt die Weltbank.
Zinsen sehr hoch
Die US-Börse ist seit Monaten auf Talfahrt und hat damit weltweit für kräftige Kurseinbrüche gesorgt. Besonders am Technologiemarkt NASDAQ geht es rund. Eine Warnung vor schrumpfenden Gewinnen jagt die nächste. Etliche Dot.coms hängen längst am Tropf der Banken. Die Beschaffung frischen Kapitals ist für sie auf Grund der hohen Zinslasten kaum noch zu meistern.
Schwerfällige Eingriffe
Dennoch dürften die US-Währungshüter zunächst eher Zurückhaltung üben und nicht gleich zu drastischen Zinssenkungen bereit sein. Zwar hat sich das Wachstumstempo zuletzt deutlich verlangsamt. An der Preisfront gibt es - vor allem wegen der hohen Energiekosten - aber noch keine absolute Entwarnung.
Hohe Inflation
Die Inflationsrate erreichte im November mit 3,5 Prozent ein Niveau, das Greenspans Kollege von der Europäischen Zentralbank, EZB-Chef Wim Duisenberg, schlaflose Nächte bereiten würde. Schließlich hat die EZB zwei Prozent jährliche Teuerung im Euroraum als ihre "Schmerzgrenze" festgelegt.