05.01.2001

STUDIE

Bildquelle: PhotoDisc

Die Todsünden heimischer Dot.coms

Während Anfang 2000 der Start-up-Himmel noch voller Geigen hing, wird in der frostigen Börsenrealgegenwart die Spreu gnadenlos vom Weizen getrennt.

Doch während auf den internationalen Finanzplätzen die Begeisterung für die New Economy gerade ihre erste kalte Dusche nimmt, beginnt in Österreich das Start-up-Fieber erst so richtig virulent zu werden.

Und das, obwohl für den Zugang zu Kapital und Markt-Know-how in Österreich durchaus größere Hürden zu nehmen sind als anderswo.

Venture-Kapitalisten, Business-Angels

und Fonds verfügen zwar immer noch über mehr Kapital, als Bedarf vorhanden ist, doch Start-ups und andere Kapital suchende Unternehmen wurden hier zu Lande immer schon kritischer betrachtet als im Ausland. In Kooperation mit dem Institut für Wirtschaftsinformatik der WU-Wien hat die Unternehmensberatung Legend.at den österreichischen Start-up-Markt einer ausführlichen Analyse unterzogen.

Im Zeitraum von August bis November 2000 wurden rund 300 Start-ups zu Umständen und Hintergründen ihrer Unternehmensgründung befragt. Eine deutliche Mehrheit von 69 Prozent der heimischen Start-ups ist im Bereich Internet-Technologien und Softwareentwicklung tätig. Erst danach folgen die Bereiche Handel und Maschinenbau mit 20 bzw. vier Prozent.

Startfinanzierung als kapitale Einstiegshürde

Der Zugang zu Kapitalgebern fällt jungen Start-ups hier zu Lande deutlich schwerer als bisher angenommen. Zwei Drittel haben damit bereits in der Startphase erhebliche Schwierigkeiten.

Eine Mehrheit von 49 Prozent der Start-ups finanziert ihre Gründung mit Hilfe von Verwandten, Bekannten oder Freunden. 43 Prozent greifen auf Bankkredite zurück, 41 Prozent auf eigene Mittel.

Auffallend gering ist mit 17 bzw. acht Prozent die Finanzierung durch einen Venture-Capital-Fonds oder einen Inkubator.

Der Zugang zu öffentlichen Fördermitteln

ist für Jungunternehmer ganz offensichtlich eine fast unüberwindbare Hürde. Lediglich elf Prozent haben Fördermittel bei öffentlichen Stellen beantragt.

68 Prozent der Jungunternehmen müssen sich dementsprechend mit einer Startfinanzierung zwischen 500.000 und einer Million Schilling begnügen.

Wie die Untersuchung offenbart, deckt die erste Finanzierungsrunde in den meisten Fällen gerade einmal den Kapitalbedarf für ein halbes bis maximal ein Jahr ab. Nachjustierung von Geschäftsidee und Businessplan sind die Regel.

Gratisberatung durch Freunde & Bekannte dominiert

In 91 Prozent der Fälle wurde der Businessplan als Grundlage der Finanzplanung vor der Firmengründung erstellt. Die Mehrheit der Jungunternehmer lässt sich dabei allerdings lediglich von Freunden und Bekannten beraten.

Leistungen von Unternehmensgründerstellen oder -beratern werden nur relativ selten in Anspruch genommen. Bei der Businessplan-Erstellung sind in der Folge meist erhebliche Defizite an betriebswirtschaftlichem Know-how feststellbar.

Zu den auffälligsten Kardinalfehlern zählen fehlende Analysen zu Stärken und Schwächen sowie zur Frage der Einzigartigkeit des Produkts.

Unternehmensgründung als Teamprozess

Rund 70 Prozent der heimischen Unternehmensgründer waren zum Zeitpunkt der Gründung bereits zu zweit oder zu dritt. Nur 16 Prozent setzten ihre Idee allein in die Tat um. Der Großteil der befragten Unternehmen ist unter sechs Monate alt.

Die Firmengründung erfolgte in der Regel unmittelbar nach Geburt der Geschäftsidee. Nur ein bis drei Monaten später hatten mehr als 72 Prozent der Start-up-Pioniere eine Rechtsform gewählt und ein Unternehmen gegründet.

Bei den Neugründungen dominiert mit 58 Prozent die Rechtsform der GmbH, erstaunlich hoch ist aber auch mit zwölf Prozent der Anteil der Aktiengesellschaften.

Professionelle Beratung als Schlüsselfaktor

Es mangelt in Österreich weder an Ideen noch an den zur Umsetzung nötigen Mitteln, doch beide finden nur mühsam zueinander. Der Mythos der Pioniere und Entdecker, die in der Garage mit geringsten Finanzmitteln eine revolutionäre Idee ausbrüten, um damit die Welt zu erobern, wirkt dabei hinderlich.

Investoren sind heute wesentlich vorsichtiger und erwarten sowohl technische als auch betriebswirtschaftliche Professionalität. Betriebswirtschaftliches Know-how und Marktanalysen kommen heute bei Unternehmensgründungen oft zu kurz.

Start-ups sollten die sprichwörtliche Garagenphilosophie hinter sich lassen und Verwandte und Bekannte durch Profis in Beratung und Finanzierung ergänzen, lautet die Quintessenz der Untersuchung.