17.10.1999

SUCHMASCHINEN

Die besten Wege sind oft so nah

Matthew Chalmers ist da bescheidener. Er arbeitet an der "University of Glasgow" an Recer, einem Tool, das die Suche und Informationsauffindung im Intranet und für Einzelpersonen vereinfachen soll, indem es die Wege der User nachvollzieht.

Einfach persönlich

Wenn Sie in ein sehr großes Kleidungsgeschäft gehen und nach etwas fragen, wird Sie der Verkäufer gleich in die richtige Richtung schicken. Er sieht Sie, sieht, wie Sie angezogen sind, was Ihr Stil ist. Um Ihnen sinnvolle Vorschläge machen zu können, muss er Sie kennen. Genau an diesem Punkt setzt Matthew Chalmers sein Konzept an. Sein System Recer versucht, Sie kennen zu lernen, indem es mitprotokolliert, auf welchen Sites Sie sich so herumtreiben, zu welchen Themen Sie Texte verfassen, welchen Inhalt Ihre E-Mails haben.

Geht es nach Matthew Chalmers, muss man auch keine Angst vor dem "großen Bruder" haben, denn die Aufzeichnungen der digitalen Schleimspur findet nicht irgendwo statt, sondern ganz lokal auf dem Heim-Rechner, durch ein kleines Plug-in, das an Internetbrowser, Textverarbeitung und so weiter angehängt wird.

Wenn Sie oft zu Galerien surfen und das Wort Galerie häufig in Ihren Texten und Mails auftaucht, werden Sie, wenn Sie das Suchwort "Schweiz" in Recer eingeben, zu allererst Schweizer Galerien vorgeschlagen bekommen. Das System ist aber noch verfeinert. Recer versucht auch herauszufinden, warum Sie gerade jetzt an der Schweiz interessiert sind. Wenn Sie direkt davor bei Hotels herumgesurft sind, schlägt Ihnen Recer Hotels in der Schweiz vor oder Flüge dorthin.

Computer verstehen keine Wörter. Und das wird sich auch mit Hilfe der Artificial Intelligence nicht so schnell ändern. Aber es gibt Tracking und Logging. Server schreiben im Hintergrund mit, wer wo wann und wie lange auf einer Webpage war. Woher er kam und wohin er geht. Diese Daten werden von Search Engines und Content-Anbietern gesammelt, denn damit lassen sich Geld verdienen und manchmal auch Suchergebnisse verbessern. Direct Hit arbeitet zum Beispiel mit anderen Search Engines zusammen, um deren Resultate zu verbessern. Diese Firma beobachtet, was User anklicken: Je mehr User eine Seite besuchen, umso höher wird sie bewertet. Hotbot und Lycos verwenden derzeit die Direct-Hit-Technologie. Bei LookSmart oder MSN Search wird sie optional eingesetzt. Google bietet GoogleScout zur Verbesserung der Suchergebnisse an.

In dem Forschungslabor der "University of Glasgow" wird nicht nur darüber nachgedacht, wie man Search Engines ein wenig Verständnis von Kontext beibringen kann, sondern auch, wie diese personifizierten Suchergebnisse dargestellt werden könnten.

Von 3D-Darstellungen hat sich das Team rund um Matthew Chalmers schon längst verabschiedet, denn die schaffen mehr Verwirrung als Klarheit. Auch die Taxonomie der Bibliothekare finden sie überholt, denn deren hierarchisches Denken schränkt zu sehr ein. Das Bild, das Matthew Chalmers vorschwebt, ist eher eine Kette, die mit der History des Users schrittweise immer länger wird.

In einem weiteren Studentenprojekt werden die Ergebnisse in Form eines Kalenders dargestellt. Auf die Frage: "Zeig mir meine letzten fünf Minuten, zeig mir, was für mich in den letzten fünf Minuten relevant war" wird die Information in Form von farblichen Symbolen angezeigt. Anhand der Intensität der Farben kann man am Display nachvollziehen, aus welcher Zeitperiode diese Information kommt oder in welcher zeitlichen Beziehung die derzeitige Arbeit zu Projekten anderer steht.