Software-Industrie beklagt Y2K-Verdrossenheit
"Wir haben gedacht, wir werden dickes Geld verdienen im zweiten Halbjahr. Jetzt verdienen wir normal dickes Geld", sagte Peter Kotauczek, Präsident des Verbandes Österreichischer Software-Industrie [VÖSI] und Vorstandsvorsitzender der Softwarefirma Beko, Donnerstagabend bei einem Pressegespräch in Wien. Ein relativ schwaches viertes Quartal für die rund 50 Mitglieder der Interessenvertretung sei "aus eigener Wahrnehmung" nahe liegend.
Prinzipiell registriert Kotauczek eine gewisse "Millenniumsverdrossenheit" in Österreich. Die Wirtschaft wolle ihr Geld lieber in Therapie investieren, anstatt Prophylaxe zu betreiben.
Ressourcen, die keiner braucht
"Wir haben Schwierigkeiten, unseren Kunden wenigstens Standby-Anforderungen zu verkaufen", klagt Kotauczek. Die Branche habe trotz großer Personalnot Ressourcen für die Jahr-2000-Umstellung bereit gestellt, die niemand abrufe.
Allgemeine Personalnot
Eine mögliche Lösung der allgemeine Personalnot in der Branche, wenn auch keine für Österreich angenehme, sieht Kotauczek in der zunehmenden "Entösterreichisierung" der Softwarebranche. Die Entscheidungen würden zunehmend in Deutschland und nicht in Wien getroffen. "Es könnte passieren, dass Österreichs Software-Kompetenz künftig nur mehr als Zulieferer gefragt sein wird", betätigt sich der Beko-Chef als Kassandra.
Nur wenig erwartet sich Kotauczek in diesem Zusammenhang von staatlichen Initiativen wie dem Computerführerschein ["Kopfgeburt der europäischen Bürokraten"]. Auch die Bundeskanzler-Aktion "Go On 2000" hält der Beko-Chef für wenig tauglich, den Personalengpass der Softwarefirmen zu beheben, da die dabei vorgesehene vierstündige Ausbildung bei weitem zu wenig sei.
Verband Österreichischer Softwareindustrie
Der Verband Österreichischer Software Industrie vertritt circa 50 Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von rund 31 Mrd. S [2,25 Mrd. Euro] und mehr als 13.000 Mitarbeitern. Unter den Mitgliedern befinden sich Tochterfirmen großer internationaler Konzerne wie Microsoft und IBM, österreichische Unternehmen wie Brain Force, Beko, das Forschungszentrum Seibersdorf und Joanneum Research.