08.11.1999

LEERER SCHLITTEN

Bildquelle: Photodisc

Zu wenig Handys für Weihnachten

Auf dem Handymarkt in Deutschland ist zur Zeit die Hölle los. "Es gibt gegenwärtig eine Geräteknappheit, die zu Beeinträchtigungen führt", drückt es Rudi Schmidt von der Stuttgarter Telefongesellschaft Debitel vornehm aus.

Branchenexperten beziffern die Produktionslücke auf rund eine Million Handys. Auf solche Zahlen will sich Michael Koehn, Geschäftsführer der Freecom-Gruppe, allerdings nicht festlegen lassen. "Die Ware ist knapp, weil der Markt sehr schnell wächst und einige Komponenten auf der Strecke geblieben sind", sagt er. Das Unternehmen, das unlängst mit der dänischen Dangaard-Gruppe fusionierte, ist der größte Handy-Distributor in Deutschland.

Den Gerätemangel hält Koehn indes für ein globales Problem. Vor allem das Erdbeben in Taiwan hätte die Chipproduzenten und damit auch die Gerätehersteller in die Bredouille gebracht. Doch der Engpass bei Komponenten sei inzwischen behoben, meint Stefan Kirmse, Marketing-Chef der Ericsson GmbH. "Insgesamt wächst der Markt weltweit derzeit schneller, als die Hersteller liefern können", begründet er die angespannte Lage in der Branche.

22 Millionen Kunden mobil

So werden nach Einschätzung von Mobilfunk-Experte Matthias Plica bis zum Jahresende rund 22 Millionen Kunden in Deutschland mobil telefonieren. Das ist ein Wachstum von acht Millionen oder rund 60 Prozent gegenüber 1998. "Der Markt wächst brutal, und der Ersatzbedarf ist größer als erwartet", sagt Plica. Dennoch gibt der Marktforscher aus München vorerst Entwarnung: Gegenwärtig halte der Handel noch genügend Mobiltelefone bereit.

Das könnte sich aber ändern, wenn das Weihnachtsgeschäft Mitte November anrollt. Zwei Millionen Neukunden, schätzt Stefan Althoff von der Telekom-Mobilfunktochter D1, dürften alle Netzbetreiber in dieser Zeit akquirieren. Und mit jedem neuen Kartenvertrag gibt es ein neues Handy.

Unterdessen haben die Hersteller nach eigenen Angaben die Situation im Griff. "Wir produzieren auf Hochtouren und sehen derzeit keine gravierenden Verknappungserscheinungen", sagt Peter Gottal von Siemens. Der Münchener Elektronikriese sieht sich bei Handys mit einem Marktanteil von 30 Prozent als Marktführer in Deutschland. Auch Nokia spielt Engpässe herunter: "Keine Probleme, ein Geschäft wie immer", heißt es bei Nokia Mobil Phones GmbH in Düsseldorf.

Nach Berechnungen des Elektronikverbandes ZVEI in Frankfurt wurden 1998 acht Millionen Mobiltelefone in Deutschland verkauft. Das waren doppelt so viele wie ein Jahr zuvor. Für 1999 hatte der Verband ursprünglich elf Millionen prognostiziert, eine Zahl, die durch die rasante Teilnehmerentwicklung längst überholt ist.

Die Netzbetreiber [D1, D2, E-Plus, E2] fühlen sich für den Ansturm zur Weihnachtszeit gewappnet. "Wir haben rechtzeitig geordert", heißt es nahezu einhellig. Auch Diensteanbieter wie Debitel, Mobilcom, Talkline oder Hutchison glauben, die Nachfrage bedienen zu können. Und Michael Rebstock von Viag Interkom macht allen Mut, bei denen zu Weihnachten ein Mobilfunkgerät ganz oben auf der Wunschliste steht: "Unter dem Christbaum wird keiner ohne Handy sitzen."