11.05.1999

ELECTRONIC COUTURE

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Knitterfreie Rechner

"Wearable Computers"

Eigentlich werden "Personal Computer" ihrem Namen nicht wirklich gerecht. Da lehnen sie am Schreibtisch, vielleicht den Großteil des Tages unbenützt. Laptops und PDAs haben zwar zumindest dafür gesorgt, daß sich die Rechner mit uns bewegen, aber noch immer bleiben sie "Geräte" ¿ an, aus, weg.

"wearable computers" sollten prinzipiell die Funktionen eines PCs übernehmen können, den Träger mit dem Internet verbinden, ihn mit - je nach Situation - relevanten Informationen versorgen und vor allem vollkommen in die Kleidung integriert sein. Keine herunterhängenden Drähte, keine kleinen Metallboxen, die herumgetragen werden müssen - der Computer soll in die Kleidung eingewoben werden. Das ist die Idee hinter den "wearable computers", an denen Rehmi Post am MIT in der Abteilung "Things that think" arbeitet.

Rehmi Post (MIT, Arbeitsgruppe "Things that think") "Wir arbeiten gerade daran, Keyboards in die Kleidung zu integrieren. Displays zu bauen ist ein bißchen komplizierter. Wir probierten es am Anfang mit LCD-Monitoren, haben aber bald festgestellt, daß es interessantere Möglichkeiten gibt. Wir sind dazu übergegangen, "electronic ink" zu verwenden, ein Material, das seine Farbe unter dem Einfluß von elektronischen Impulsen ändert."

Die Materialien, mit denen hier experimentiert wird, sind Metallgarne, aber auch behandelte Seidenfasern werden als Elektrodenersatz verwendet. Schließlich sollen diese "wearable computer" auch waschbar sein. Die textilen Sensoren, Knöpfe und Switches haben vor allem einen Vorteil: Sie können leicht in jede gewünschte Form gebracht werden. Die Arbeitsgruppe rund um Rehmi Post will Maschinen Gefühle beibringen. Der virtuelle "gschamste Diener", der auch fähig ist, schlechte Mitteilungen gut dosiert und zum richtgen Zeitpunkt zu übermitteln.

Bei der Umsetzung der ersten Prototypen arbeitet Rehmi Post mit Maggie Orth zusammen. Sie kommt aus dem Bereich Design, während Post aus dem Eck der klassischen Physik und der Computertechnologie stammt. Ihr erstes gemeinsames Stück war ein tragbares "musical jacket".

Alles schon gehabt

"wearable computers" folgen dem Grundprinzip der "calm technology" und damit auch der Idee der Allgegenwärtigkeit von Computern, die von Mark Weiser stammt. Allerdings kann man hier nicht wirklich davon sprechen, daß Computer in die Peripherie abgeschoben werden. Im Gegenteil, sie rücken einem im wahrsten Sinne des Wortes auf den Leib. Über die Sinnhaftigkeit solcher Projekte läßt sich streiten. Neu ist diese Idee aber nicht: bereits Anfang des 20sten Jahrhunderts realisierte der russische Futurist Lev Termen eine Art "musical jacket". Zugegebenermaßen mit anderen, billigeren Mitteln: durch Integration eines Theremins in die Bekleidung seiner Frau, einer Tänzerin.

Lev Termen 1895 - 1993

Das erste Theremin sah aus wie eine Art Stehpult mit zwei Antennen. Im Inneren steckten ein paar Radioröhren, Spulen und Kondensatoren. Um die Antennen gibt es unterschiedlich starke Magnetfelder. Tonhöhe und Lautstärke werden allein durch Handbewegungen reguliert. 1919 entdeckte der russische Erfinder Lev Sergejevitsch Termen durch Zufall das Phänomen der "singenden Luft" und erfand damit das erste Musikinstrument, das man spielen kann ohne es zu berühren.

In den 30er Jahren baute Lev Termen Instrumente wie das "Rhythmikon", die erste Rhythmus Maschine oder das Terpsiton, eine spezielle Plattform, die die Gestik der Tänzer in Töne umwandeln konnte. Er hatte Ideen dazu, wie mit Hilfe von Musik die Bewegungen von Eisplatten zu kontrollieren wären. Er verwendete in seinen Konzerten Geräte, die auf Berührung reagierten, um das Publikum miteinzubeziehen. Und er experimentierte mit Gerüchen.

~ Link: http://www.postman.ru/~xmedia/theremin/ ~

Die Ausstellung

"fast forward - Mode in den Medien der 90er Jahre" ist in Wien zu sehen: täglich von 10 bis 18 Uhr, an Donnerstagen bis 21 Uhr. Bis 6. Juni im Künstlerhaus am Karlsplatz.

~ Link: http://www.fastforward-k-haus.at ~