Surfen unter Strom
Die Kleinstadt Herrenberg bei Stuttgart ist Ort eines Modellprojektes: Der Telefonanbieter Tesion, Tochter der Schweizer Telefonfirma Swisscom und des Energieversorgers Energie Baden-Württemberg (EnBW), testet dort im Projekt Powerline die Datenübertragung per Stromleitung.
Schon in diesem Herbst sollen die technischen Probleme gelöst und die Serienreife erreicht werden. Andere Energieunternehmen können dann als Partner einsteigen: Dann könnten Stromkunden in ganz Deutschland ihren PC mit wenigen Handgriffen auf das Stromnetz umrüsten.
Was Powerline kannSurfen zum Stromtarif
Powerline arbeitet mit einer Übertragungskapazität von einem Megabit. "Das ist mehr als 15mal so schnell wie ISDN", freut sich Projektleiter Jürgen Unfried.
Acht Millionen DM hat seine Firma seit Mai 1997 investiert und ist nach eigener Einschätzung der Konkurrenz, die an der gleichen Idee arbeitet, um Längen voraus.
Bei Powerline sind die Benutzer immer online, zahlen aber nur, wenn nach dem Mausklick auch Daten übertragen werden. "Wer 100 Stunden surft, verbraucht etwa eine Kilowattstunde Strom, hat also Kosten von etwa 25 Pfennigen", hat Unfried ausgerechnet. Dazu kommt nur, was der Computer an Strom verbraucht.
Technisch alter Hut
Schon 1895 wurde das erste Patent zur Informationsübertragung übers Stromnetz vergeben. Doch wirtschaftlich geriet die Technik in Vergessenheit.
Zudem gab es technische Probleme: Störgeräusche durch Geräte wie Haartrockner und Rasierer wurden über die Leitung übertragen. Nun beseitigten Entwicklungen aus Militärtechnik und Mobilfunk die Störgeräusche, und die Liberalisierung des Telefonmarktes ließ die Idee rentabel erscheinen.
Veranstalter RWETechnische Probleme
Zur Zeit stellt Tesion seinen Testkunden die Technik gratis ins Haus. Später rechnet Unfried mit Kosten von etwa 350 DM für das Modem; zudem muß der Koppler installiert werden.
In den kommenden Wochen soll der Versuch auf insgesamt 200 Tester ausgedehnt werden. Dafür hat die Firma eine Versuchslizenz von der europäischen Normierungsbehörde. Bevor mehr erlaubt wird, müssen technische Probleme gelöst werden. "Rundfunk, Amateurfunk und Flugkontrolle arbeiten auf den gleichen Frequenzen", sagt Unfried. Auch Fragen mit der Abstrahlung der Leitungen müssen gelöst werden. Dem sieht Tesion aber optimistisch entgegen.